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Wie in der 707., -8. und -9. Ausgabe berichtet, wurde die vergangene Wahl des Betriebsrates für das wissenschaftliche Personal vor Gericht angefochten. Die Liste der Wahlsieger:innen hat gegen das positive Urteil Rechtsmittel eingebracht und somit in die nächsthöheren Instanzen gehoben.

Nun konnte ich endlich ein Interview mit Manfred Gabriel, dem derzeitigen Betriebsratsvorsitzenden des wissenschaftlichen Personals, über diese Ereignisse führen, aber zugleich auch andere Themen ansprechen – wie prekäre akademische Arbeitsverhältnisse, daraus resultierende Arbeits- und Lohnkämpfe und allgemeine Herausforderungen an der Uni.

Interview von Georg Pidner

Anfechtung

Was sind Ihrer Einschätzung nach die Beweggründe hinter der Anfechtung? 

Ich könnte mutmaßen und polemisch werden, aber das muss ich mir verkneifen. Wir sind mitten im Verfahren und das Ganze liegt jetzt beim Obersten Gerichtshof. Schauen wir mal, ob der überhaupt das Verfahren annimmt – das ist auch nicht sicher. Dann werden wir weitersehen. Jede:r Mitarbeiter:in der Uni kann sich selbst den Teil denken, warum es die Anfechtung gegeben hat.

Wurde hier einfach der Mangel ausgenutzt?

Aus meiner Sicht schon. Es ist zwar noch nicht definitiv festgestellt, ob es tatsächlich ein Mangel war, weil wir haben uns jetzt bei der Revision an den OGH [Oberster Gerichtshof] nochmal auf drei wichtige Punkte berufen und zwei davon müssen dringend geklärt werden. Erstens: Wenn es keinen Einspruch gegen das Wähler:innenverzeichnis gibt, den hat es ja nicht gegeben, warum kann man dann klagen? Das sieht der OGH witzigerweise anders als der Verwaltungsgerichtshof. Da wäre ich schon sehr interessiert daran, wie der OGH das heute sieht. Das war aus dem Jahr 1990. Zweitens: Es gibt eindeutig den Paragraf 107 im UG [Universitätsgesetz]. Da steht drinnen, dass Dienstverhältnisse vom Rektor abgeschlossen werden müssen. Das heißt, solange keine Unterschrift von der Personalabteilung oder vom Rektor da ist, ist das Dienstverhältnis nicht gültig. Was mich als Gewerkschafter schon ins Dilemma bringt und mir erst jetzt durch diese Klage bewusst geworden ist, ist, dass es viele Tutor:innen, Studienassistent:innen, Lektor:innen gibt, die ihre Arbeit beginnen und noch keinen gültigen Vertrag haben. Das stört mich als Arbeitnehmer:innenvertreter, aber die andere Geschichte ist: Wie kann jemand im Wahlverzeichnis sein, wenn die Personalabteilung von dessen Existenz keine Ahnung hat? Um das geht es jetzt im entscheidenden Fall.

Die Uni macht es dann so, dass der Vertrag rückwirkend gilt. Das ist das, was die Geschichte so kompliziert macht. Viele dieser Personalentscheidungen werden erst zu Semesteranfang getroffen. Wer welche Gruppe, welche Tutor:innen bekommt – das machen viele Fachbereiche erst später.

Hätten Sie Lösungen, was wären Konsequenzen daraus?

Wenn der OGH das Urteil in letzter Instanz bestätigt und die Wahl tatsächlich ungültig ist, dann wird es spannend. Dann müssten wir sagen: Wir können nur mehr in Zeiten wählen, wo es keine Personalaufnahmen gibt. Das ist im August. Oder man hält alle Universitäten, das ist ja nicht nur unser Problem, an, am ersten Oktober die ganzen Aufnahme-Geschichten erledigt zu haben. Ob das so einfach geht, weiß ich nicht. Bei Projekten kommt das Geld oft relativ knapp und dann bekommen die Leute schnell ihre Verträge. Bei Lehraufträgen ist es dasselbe. Wie es mit den wenigeren Studierenden aussehen wird, wird sich zeigen. Normalerweise haben wir viel zu viele Studierende für eine Lehrveranstaltung und haben noch ein bisschen Geld. Dann ist es so, dass ein zweiter Lehrauftrag vergeben wird. Das ist am 1. Oktober auch noch nicht bekannt. Es gibt genügend universitäre Situationen, die dafür sprechen, dass man dieses flexible Modell beibehält und das ist dann schon ein Vorwurf, den ich der Gegenseite mache. Die wissen, wie eine Uni läuft, dass sich solche Probleme ergeben und dass das keine[:]r bösartigerweise macht. Insofern haben sie schon eine bestimmte Situation ausgenutzt.

Wie fanden Sie den bisherigen gerichtlichen Prozess?

Da muss ich jetzt auch wieder sehr vorsichtig argumentieren, aber ich bin ein bisschen enttäuscht davon, dass es sich die Gerichte so einfach machen. Im Ersturteil steht irgendwas drinnen von „bei lebensnaher Betrachtung muss man davon ausgehen, dass die Hälfte der Leute auf der Liste der Personalabteilung bekannt waren“. Im Berufungsurteil steht dann drinnen, man hätte auch zu einem anderen Schluss kommen können, bestätigt das Urteil aber trotzdem, weil man angeblich 19 Leute gefunden hat. Wobei von 19 Leuten waren zwei bei der Wahl. Es ist ja fast wie auf einem Bazar. Wir haben begonnen mit angeblich 140 Leuten und vier Mandaten, jetzt sind wir bei 19 Leuten und da hätte es, wenn die zur Wahl gegangen wären und 11 davon für die andere Liste gestimmt hätten, eine Mandatsverschiebung gegeben von 11 zu 15, zu 10 zu 16. Wie wahrscheinlich das statistisch ist, sollen andere beurteilen. Man kommt sich schon ein bisschen vor wie auf einem Bazar. Die Gerichte machen es sich, meiner Meinung nach, schon sehr leicht, berufen sich aber auf dieses OGH-Urteil von 1990. Das war eine Zeit, da wurden die Betriebsratswahlen noch auf dem schwarzen Brett angekündigt.

Weil theoretisch sind alle per E-Mail informiert worden, alle die einen E-Mail-Account hatten?

Wer es wissen wollte, hätte von dieser Wahl Kenntnis gehabt und wäre wahrscheinlich, wenn es interessiert hätte, hingegangen. Das ist der wesentliche Punkt. Man muss auch eins klar sagen: Tutor:innen wissen oft gar nicht, dass sie auch bei der Betriebsratswahl wahlberechtigt sind und sind, aus nachvollziehbaren Gründen, auch nicht so wirklich interessiert. Ich habe das bei diversen Fällen auch selbst gemerkt. Bei Tutor:innen, die ein Problem hatten – die sind natürlich zuerst zur ÖH gegangen. Erst dort haben sie erfahren, dass der Betriebsrat für sie zuständig ist. Dass der Chefdramaturg von Theater XY in Deutschland an der Betriebsratswahl in Salzburg interessiert ist, das kann mir auch keine[:]r erzählen. Aber rechtlich wird das natürlich anders beurteilt.

Die sind trotzdem wahlberechtigt, auch wenn sie nur ein paar Tage angestellt sind – für einen Vortrag?

Die waren zum Beispiel nur für einen einzigen Vortrag da, waren aber als Lehrbeauftragte im System geführt. Das ist natürlich auch ein Schwachsinn, meiner Meinung nach.

Sie haben es schon angesprochen: Wie geht es jetzt weiter? 

Es war beim Oberlandesgericht Linz, die haben die Berufung abgelehnt und haben auch eine ordentliche Revision nicht zugelassen. Wir haben jetzt aber trotzdem beim Oberseiten Gerichtshof wegen dieser Punkte um eine außerordentliche Revision angesucht. Dann noch die Aktivlegitimation der Klägerin – das ist spannend, weil sie war im Wahlvorstand und da wäre es eine ihrer Aufgaben gewesen, mit dafür zu sorgen, dass die Daten stimmen und die klagt dann gegen ihre eigene mangelhafte Arbeit. Das halten wir für sehr fragwürdig. Das Dritte, der Paragraf 107. Wenn es so eindeutig drinnen steht, dass die Dienstverhältnisse nur vom Rektor abgeschlossen werden können, ist es eindeutig, dass die einzelnen Fachbereiche eben keine Dienstverhältnisse abschließen, sondern nur vorschlagen können. Die Praxis schaut ja schon so aus, dass es sehr oft dazu kommt, dass Dienstverhältnisse abgeschlossen werden, wenn die Fachbereiche das so wollen, aber umgekehrt auch abgelehnt wurden. Lehraufträge, Studienassistent:innen-, Tutor:innen-, sogar Assistent:innenstellen wurden vom Rektorat abgelehnt.

Was sind jetzt ihre Erwartungen zur Urteils-Anfechtung?

Ich traue mich da nichts mehr zu sagen, war eigentlich der Meinung, dass wir in der ersten Instanz gewinnen. Dann spätestens bei der zweiten habe ich mir gedacht: OK, es wird schon hinhauen, aber naja. Das Witzige ist ja, um eine kleine Breitseite auf die Jurist:innen abzuschießen: Zwei Jurist:innen, fünf Meinungen – so ungefähr. Man kriegt die unterschiedlichsten Prognosen. Wir fahren eigentlich dreigleisig weiter. Wir arbeiten ganz normal weiter, es gibt eh genug Arbeit, wir bereiten uns im Hintergrund auf eine eventuelle Neuwahl vor und hoffen natürlich, dass das Verfahren gut ausgeht.

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