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Tobias Zeliss 

Am Salzburger Landestheater wird mit Faust II aktuell ein interessanter philosophischer Kosmos neu ergründet. Gerade wir jungen Menschen können durchs Theater erfahren, wie viel Kraft und Relevanz das Spiel der verteilten Rollen noch immer hat. Die Bühne ist ein Ort, an dem Fragen gestellt werden, die nicht per Google-Klick zu beantworten sind, ein Raum, in dem das Staunen neu erlernt werden kann und eine Inspiration für eigene Projekte und Lebensentscheidungen. In diesem Sinne habe ich mir erlaubt, ein Dramolett aus Goethes größtem Werk entstehen zu lassen. 

Ein verschlafener Park in Salzburg 

Die Sonne steht tief am Himmel, und das Licht bricht sich golden auf den ruhigen Pfaden. Eine Handvoll Tauben pickt friedlich am Boden. Einige wenige Leute spazieren im Park. Plötzlich erscheint ein Mann in auffälligen Klamotten: Mephisto, der Teufel, ist in einer merkwürdigen Kombination aus tiefschwarzem Gehrock und dunklem, schicken Anzug gekleidet. Er wirkt leicht verwirrt und blättert nervös durch ein altes Buch mit dem Titel „Faust. Eine Tragödie“. 

Student: (schaut erstaunt auf, aus der Ferne) Was in aller Welt…? 

Mephisto: (sieht die Leute, grummelnd) Nun, das kann doch nicht stimmen!  

Student: (lächelnd) Entschuldigen Sie, mein Herr, aber ist schon wieder Fasching? Habe ich etwas verpasst? 

Mephisto: (verlegen) Ähm, ja, genau! Fasching, natürlich. Ich bin ein … fröhlicher Teilnehmer. (flüstert zu sich selbst) Verdammt, ich hätte diesem Ratgeber aus dem 19. Jahrhundert nicht vertrauen sollen. 

Student: (lacht) Sie scheinen neu hier zu sein. Was führt Sie in den bescheidenen Hellbrunner Park? 

Mephisto: Nun, junger Mann, ich bin auf der Suche nach … sagen wir, besonderen Seelen. Ich bin ein Sammler außergewöhnlicher Charaktere und Talente. (versucht, sein Lächeln teuflisch wirken zu lassen) 

Student: Besondere Seelen, sagen Sie? Und wie erkennen Sie diese? 

Mephisto: (nervös) Ähm, normalerweise haben sie eine … besondere Aura. (fängt sich) Sagen Sie, lieber Freund, haben Sie schon einmal überlegt, was Sie erreichen könnten, wenn Ihnen alle Türen offenstünden? 

Student: Alle Türen, sagen Sie? Das klingt verlockend. Aber zu welchem Preis? 

Mephisto: Preis? Ach, das ist nur ein winziges Detail. Ein kleiner Tausch, wenn Sie so wollen. Ihre … na ja, Ihre Seele gegen unendliche Möglichkeiten.  

Student: (grinsend) Interessant, interessant. 

Mephisto: Wer bist du? 

Student: Ich bin ein junger Künstler, Student der Kunst … und zugleich auch der Physik! 

Mephisto: Ah, ein Studiosus, der sich nicht nur im Spiel des geistreichen Gestaltens, sondern gar in den Tiefen der Naturwissenschaft verirrt hat! Welch seltsame Ehe! 

Student: (lacht) Sie sind wirklich gut! Das ist die beste Faschingsnummer, die ich seit Jahren gesehen habe. Aber im Ernst, was möchten Sie wirklich? 

Mephisto: (seufzt) Also gut, ich gebe es zu. Ich wollte als charismatischer Geschäftsmann auftreten, aber irgendwie… (schaut auf sein Outfit) …ist etwas schiefgelaufen. Das letzte Mal, als ich auf Erden war, waren diese Kostüme noch in Mode. 

Student: (lächelt) Keine Sorge, mein Freund. Vielleicht kann ich Ihnen helfen, sich etwas besser zurechtzufinden. Was halten Sie von einem Spaziergang durch den Weihnachtsmarkt? Ich zeige Ihnen die neuesten Trends und, wer weiß, vielleicht finden Sie ja tatsächlich eine besondere Seele. 

Mephisto: (erfreut) Das wäre großartig, äh, Studiosus. Sicher ist es Zeit, dass ich mich etwas anpasse. (von Tobias abgewandt) Und wer weiß, vielleicht werde ich der verlockendste Teufel in ganz Weimar… äh, Salzburg. 

Student: Kommen Sie, der Weihnachts-Rausch wartet auf uns! 

Die beiden gehen gemeinsam durch den Park, Mephisto immer noch in seinem kuriosen Kostüm, während ihm der Student von den modernen Zeiten erzählt. Die Tauben kehren in die Lüfte zurück, und die Szene verblasst in goldenes Licht. 

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