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Lohnkämpfe

Was sind die aktuellen Herausforderungen für das wissenschaftliche Personal?

Da gibt es jede Menge. Das Wichtigste ist erstens Mal, die ganzen prekären Beschäftigungsverhältnisse zu bekämpfen, zu denen heute wieder im Standard Herr Vizerektor Lang von der Uniko [Universitätenkonferenz] ein großartiges Statement abgibt, dass sie ganz normal und wichtig sind, weil man damit dem Nachwuchs den Platz offen halten würde. Was völlig zynisch ist, weil was hält man dem Nachwuchs offen? Wieder prekäre Stellen. Eine prekäre Generation wird durch die andere abgelöst. Es braucht an der Universität einen gewissen Stock an unbefristeten Stellen, an Menschen, die sich auch einarbeiten können. Nicht nur Forschung – für Lehre braucht es Routine, da muss man sich einarbeiten können, Administration etc.

Dieser wahnsinnige Paragraf 109 im UG, der macht uns große Sorge und das andere ist, dass sehr viele in der Uni im B1-Schema angestellt sind. Das ist niedriger eingestuft als Gymnasiallehrer[:innen]. Das finde ich skandalös. Die Leute, die die Lehrer[:innen] ausbilden, kriegen weniger gezahlt als die Lehrer[:innen] selber. Das ist eine Ungerechtigkeit, die kann man so nicht hinnehmen. Aber das können wir nicht von Salzburg aus alleine führen, da sind wir im Verbund mit den anderen Universitäten, mit der Gewerkschaft. Gerade in Wien gibt es vielversprechende Basisbewegungen. Die haben dieselben Probleme, aber in einer größeren Masse und das explodiert früher als bei uns. Bei uns lassen sich die einzelnen Gruppen ein bisschen gegeneinander ausspielen. Da versuche ich als Betriebsrat dagegenzuwirken, aber das ist nicht immer ganz so einfach. 

Also Ihre Position als Gewerkschafter ist, dass Kettenvertragsregelungen und der Paragraf 109 gestrichen gehören? Was wäre dann die Alternative?

Befristung würde ich persönlich nur noch für das Dissertationsstadium zulassen und danach unbefristeter Vertrag und wenn jemand seine Leistung nicht erbringt, kann man ihn sowieso kündigen. Das österreichische Kündigungsrecht ist sowieso liberal Ende nie. Es ist ja ein Blödsinn zu behaupten, dass die Leute auf immer und ewig angestellt sind und nichts mehr arbeiten, wenn wir keine unbefristeten Verträge mehr haben. Ist doch ein Schmarrn. Das kann man auch bei Projekten machen. Natürlich sieht jeder ein, dass Projekte nicht mehr fortgeführt werden, wenn sie nicht mehr finanziert werden. Dann kann man unbefristete Verträge machen. Auf die Art haben die Leute eine Perspektive. Weil wenn wer so Anfang 30 ist und man überlegt so Dinge wie Familiengründung etc., man hat aber nichts in der Hand, außer einen Vertrag, der nur drei Jahre geht. Man sieht eh in Deutschland was rauskommt. Da gibt es dann ein paar wenige, glaube nur acht Prozent, die eine unbefristete Stelle als Professor:in bekommen und der Rest rettet sich irgendwie durch bzw. steht dann mit Mitte 40 oder 50 auf der Straße und ist für alle anderen Jobs nicht qualifiziert. Weil man sich ja, wenn man Wissenschaft betreibt, oft nur für eine bestimmte Nische qualifiziert und für alles andere nicht wirklich gut qualifiziert oder überqualifiziert ist.

Was ist Ihr Kommentar zum letzten Kollektivvertragsergebnis? [Die Einkommen stiegen zwischen 7,15 und 9,41 Prozent].

Im Nachhinein gesehen hätte er vielleicht noch besser ausfallen können und was spannend war: Es war ein bisschen der Druck der Straße, auch wenn das die Verhandler[:innen] nicht so gerne zugeben, aber es war zeitgleich vor dem Gewerkschaftsgebäude, wo die Lohnverhandlungen stattfanden, eine Demo – von NuWiss [Netzwerk Unterbau Wissenschaft] und anderen Basisinitiativen aus Wien. Das dürfte beeindruckt haben, weil klar geworden ist, dass der Zorn und die Betroffenheit da relativ groß sind. Das muss auch in Zukunft so weitergehen, weil es kann nicht sein, dass die Selbstausbeutung und die Ausbeutung durch andere zum gängigen Prinzip auf der Uni wird.

Das ist ja das gängige Prinzip in der Gesellschaft, könnte man sagen, aber das ist ein anderes Thema …

Schon auch, aber auf den Unis ist es dann nochmal besonders extrem. Wenn man so mitteljungen Kolleg[:inn]en zuhört: Forschen im Urlaub und Nächte durcharbeiten usw. Auf der einen Seite dann jammern, dass sie so überlastet sind, auf der anderen Seite das System damit erhalten und konsequent damit ins Burnout gehen.

Bei der Betriebsversammlung im November waren 160 Menschen dabei. Sahen Sie damals eine Bereitschaft für einen Arbeitskampf?

Zeitweise auch 187 … Auch wenn es vielleicht zehn Prozent der offiziell Angestellten sind, wobei da immer geschaut werden muss, wer das Kernpersonal ist. Genau das Problem, das wir bei der Wahl hatten. Das mit dem Arbeitskampf – schwierig.

Es war zumindest eine Bereitschaft in Wien zu erkennen?

Da gibt es jede Menge an prekär arbeitendem, auch jüngerem Mittelbau, aber ob wir das hier in Salzburg ohne weiteres auf die Füße stellen könnten – weiß ich nicht.

Weil Sie es vorher schon [indirekt] angesprochen haben – übergreifende Solidarität – wäre das zumindest ein bisschen gegeben? Aus verschiedenen Fachbereichen, Fakultäten.

Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, weil es ist in Salzburg leider Gottes zu beobachten, dass die einzelnen Fakultäten voneinander relativ wenig wissen und die unterschiedlichen Verhältnisse, unter denen geforscht und gelehrt wird, nicht zur Kenntnis nehmen und manchmal, das hat man auch jetzt bei der Rektor[:inn]enwahl gemerkt, ist einfach blankes Unverständnis da für die Bedürfnisse der einen und anderen Fakultät. Das macht mir schon ein bisschen Sorge. Solidarität ist halt nach dreißig Jahren Neoliberalismus den Leuten leider ausgetrieben worden. An der Uni sowieso, wo man den Leuten immer Karotten vorhängt. Nein, du bist jetzt der:die Einzige, der:die jetzt Professor:in wird. Die Leute sind immer geneigt, das sehr lange zu glauben, dass sie so top und klasse sind, es irgendwann einmal schaffen werden.

Wie hätte so ein Arbeitskampf konkret an der Uni Salzburg ausgesehen?

Wir hatten schon ein paar Pläne. Wir hätten uns mit den Studierenden, leider Gottes, übers Kreuz hauen müssen – hätten zum Beispiel keine Noten mehr ausgestellt. Wenn man einen Arbeitskampf macht, muss das irgendwem weh tun. Irgendwem, der auch einen gesellschaftlichen Druck erzeugen kann. Wenn man – zum Beispiel – keine Noten ausstellt, dann fangen Leute zum Laufen an. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Dann kommen vielleicht Eltern hinzu, die um das Stipendium ihrer Kinder Angst haben. Das wurde natürlich sehr kontroversiell diskutiert, wo gesagt wurde: Wir können die Studierenden nicht leiden lassen usw. Aber das haben wir bei jedem Pilot[:inn]en- und Eisenbahner[:inn]en-Streik auch – wir können die armen Urlaubsreiseden nicht leiden lassen. Irgendwem muss man weh tun im Arbeitskampf.

Wobei, es sind ja andere Bereiche, bei denen es nicht so sehr um Profit-Erzeugung geht. Wenn Studierende später ihren Abschluss haben, dann ist das eine andere Konsequenz für andere Wirtschaftsbereiche, als wenn der Zug nicht mehr fährt. Das ist ja das Problem beim akademischen Arbeitskampf, dass es nicht unmittelbar auf zentrale Prozesse einwirkt.

Das ist sicher ein Schwachpunkt. Wenn man einfach nur streikt und sagt, man hält keine Lehrveranstaltungen ab, was ja auch eine Alternative wäre, das stört keinen. So realistisch muss man sein.

Außer die Studierenden, die später fertig werden.

Ja, wobei da bin ich nicht überzeugt davon, ob das ein wirksames Mittel ist. Dann sagen ein paar: Ja super, da fallen die Lehrveranstaltungen aus. 

Wie, glauben Sie, hätte die ÖH darauf reagiert?

Keine Ahnung, die hätte sich vielleicht darüber aufgeregt.

Oder nicht.

Oder auch nicht. Es ist halt wirklich schwierig, weil man hat sehr wenige Möglichkeiten. Demos, Betriebsversammlungen, aber man muss auch ganz realistisch sein: Die Unis interessiert kein Mensch. Wir haben nicht wirklich eine Öffentlichkeit, die hinter uns steht. Bei Corona: Die Gelder, die da verteilt wurden, die wildesten Geschichten, von denen wir wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs kennen – die Unis hätten im vergangenen Winter nicht einmal genug Geld gehabt, um zu heizen. Ein Unding. Wir haben schon einen relativ schlechten Stand in der Gesamtgesellschaft. Das muss man leider so sehen.

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