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Antilopen Gang

Bereits mit ihrem ersten Online-Release nach der offiziellen Gründung 2009, sorgte die Antilopen Gang mit dem Song „Fick die Uni“ für Aufsehen – und das bei weitem nicht nur in Hochschulkreisen. Besonders dort ist das Lied aufgrund der Thematik und des Textes aber zu einem Kult-Hit avanciert. Seither ist viel Zeit vergangen, das Mitglied NMZS hat sich im Jahr 2013 das Leben genommen und mit Anarchie und Alltag veröffentlichten Danger Dan, Panik Panzer und Koljah nun bereits ihr drittes offizielles Album, mit dem sie ab 24.02.2017 auf große Tour durch Deutschland, die Schweiz und Österreich gehen. Dabei gastieren sie am 28.02. im Rockhouse. Grund genug sich das neue Album genauer anzuhören.

Eine Rezension von Miggi Seifert


Man kann das Album und auch die Antilopen Gang in keine Schublade stecken.

Das Wichtigste gleich am Anfang: Man kann das Album und auch die Antilopen Gang in keine Schublade stecken. Ob sie jetzt eine Hip-Hop-Formation sind, die in die Punkrichtung schielen, oder eine Punkband, die sich lieber an Sprechgesang bedienen, tut dabei aber auch nichts zur Sache. Hier werden Genre-Grenzen aufgesprengt, die im Rap und im Punk wohl härter gezogen werden, als überall anders. Diese Kombination wird auch durch das zugehörige Bonus-Album „Atombombe auf Deutschland“ noch verdeutlicht, auf dem 12 Songs des Trios gemeinsam mit namhaften Künstlern des Deutschpunks neu aufgelegt wurden. MC Motherfucker von der Terrorgruppe bringt es dabei treffend auf den Punkt: „Ihr seid harte Punks, ich mag auch mal Rap, drum bin ich ein Stück Dreck“. Umso erstaunlicher ist es, dass die Antilopen Gang in beiden Bereichen gleichermaßen heimisch ist und akzeptiert wird. Eine Rap-Crew auf dem Tote Hosen-Label JKP – hätte man vor ein paar Jahren so auch nicht erwartet.

Die drei Rapper offenbaren ihren geheimen Plan: das System soll von innen zerstört werden.

Gleich im Intro „Das trojanische Pferd“ widmen sich die Antilopen der, seit dem Vorgänger-Album oft getätigten, Anschuldigung des Sell-Outs. Man weiß, dass man im Feulleiton angekommen ist. Man ist sich bewusst, dass man von Medien und der Industrie mittlerweile mehr als nur am Rande wahrgenommen wird. Man kennt das Image, dass die Öffentlichkeit der Band zuschreibt. Man gibt zu, dass man dem Springer Verlag Interviews gegeben hat. Jedoch offenbaren die drei Rapper ihren geheimen Plan: das System soll von innen zerstört werden. Und mit der aktuellen LP kommt man diesem Plan auf jeden Fall ein großes Stück näher: unverkrampft und ohne Phrasen zu dreschen stehen auf „Anarchie und Alltag“ politische Themen und persönliche Leidensgeschichten in einer Reihe mit Rap-Songs über Alf und die friedensbringende Pizza. So ruft man der Hörerschaft wichtige Themen in’s Gewissen ohne Moralapostel zu sein.

Ein humoristisches Glanzstück.

Auf „Tindermatch“ werden der IS-Terrorist Denis Cuspert (auch bekannt als Deso Dogg, ein ehemaliger Gangster-Rapper) und Lutz Bachmann, einer der Initiatoren von PEGIDA verkuppelt. Im „Patientenkollektiv“ erzählt die Gang von den Problemen ihrer Kindheit. Sie erzählen die Geschichte der verzweifelten und verarmten „RAF Rentner“. Und auf dem Glanzstück der Platte „Baggersee“ wird für den namensgebenden See gleich ganz Deutschland mit einer Atombombe dem Erdboden gleich gemacht. Auf der eher humoristischen Seite sieht man das eigene Projekt gescheitert und als „Flop“. Richtet Musik-Kollegen und Freunden statt dem F-Wort „Liebe Grüße“ aus. Und auf „Alf“ wagt man sich musikalisch sogar in Richtung der Amerikanischen Südstaaten, bedient sich an Trap- und Autotune-Elementen und erzählt dabei die Geschichte von – wer hätte es gedacht – dem sympatischen Außerirdischen vom Planeten Melmac.

Ein Bonus-Album, das seines Namens würdig ist.

Und als wäre das nicht genug hat man sich als Schmankerl etwas ganz Besonderes ausgedacht. Das bereits erwähnte Bonus-Album „Atombombe auf Deutschland“, auf dem 12 Songs aus dem bisherigen Schaffen der Gruppe neu interpretiert wurden. Die Antilopen Gang hat sich dafür nur die absoluten Hochkaräter des Deutschpunks ausgesucht. Ob Bela B von den Ärzten, Campino von den Toten Hosen, Monchi von Feine Sahne Fischfilet, MC Motherfucker von der Terrorgruppe, Wolfgang Wendland von den Kassierern oder Jan Windmeier von Turbostaat – um nur die Hälfte des Aufgebots zu nennen – sie alle geben sich die Ehre und verpassen alten und aktuellen Songs ein neues Gewand. Das Konzept geht auf und man erhält mit „Atombombe auf Deutschland“ ein Bonus-Album, das seines Namens würdig ist.

Die Antilopen Gang ist mit ihrem neuen Release nach „Aversion“ und dem Mixtape „Abwasser“ einen weiteren Schritt in die richtige Richtung gegangen. Eine perfekte Balance zwischen Rap und Punk. Zwischen Melancholie und Humor. Zwischen kostruktiv sein und Zerstören. Zwischen Anarchie und Alltag. Ja, die Antilopen sind im Feulleiton angekommen und werden mit dem neuen Album (zurecht!) viele neue Menschen erreichen – sie haben sich aber nicht angepasst und werden auch weiterhin die Ken Jebsens dieser Welt auf die Palme bringen. So viel ist sicher.

Wer sich von der Live-Qualität der Antilopen Gang überzeugen möchte,
sollte das Konzert im Rockhouse am 28.02. nicht verpassen.

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