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In der letzten Ausgabe der uni:press erschien ein Artikel mit dem Titel „Metakognition“, welcher die Open AI ChatGPT mit den eigenen Prozessen konfrontierte. Nun soll daran angeknüpft werden und Überlegungen zur künstlichen Intelligenz und Kunst angestellt werden. 

Von Christian Veichtlbauer.

Why should we even care? lautet eine Textzeile aus dem Song Iron Man von Black Sabbath aus dem Jahr 1970. Iron Man kann sowohl in Hinblick auf die technologische Bedrohung durch Maschinen als auch auf die soziale Isolation (womöglich daraus resultierend) interpretiert werden. Umso hellsichtiger erscheint uns die Aussage, nach den Entwicklungen der vergangenen Monate. Es sind unterschiedliche Künstliche Intelligenzen aus dem Boden geschossen, wie die Schwammerl im Herbst im Lungau. Von dem allseits bekannten Texterstellungsprogramm ChatGPT bis hin zu Bilderstellungsprogrammen wie Midjourney oder Wonder AI werden grafisch hochwertige Inhalte generiert, welche die Frage nach der Zukunft von Arbeitsplätzen, insbesondere im Kunst- und Kulturbereich, in den Fokus drängen. Die AI kann durchaus als eine Mischung aus Software und Hexenwerk bezeichnet werden. 

Nachdem Google etwas an Boden im Wettbewerb verloren hat, gelten neben Microsoft die altbekannten listigen Lords des Technologie-Universums Peter Thiel und Elon Musk als wichtige Geldgeber für das Vorantreiben der Entwicklung. Durch Open-Source-Programme ist es erstmals einer breiteren Öffentlichkeit möglich, Texte, Bilder und sogar Videos mithilfe von AI zu produzieren. Durch das Senken der enormen Serverkosten kommen immer mehr Programme auf den Markt, und schon bald können diese auch einige Jobs überflüssig machen, wie beispielsweise Autor:innen, Designer:innen, Programmierer:innen oder sogar Musikschaffende. In der in weiten Teilen unkritischen Gesellschaftsmasse braucht es bald keine echte Intelligenz mehr, die Bestaunen, Fühlen und Verstehen beinhaltet. Es geht vielmehr darum, den wahrscheinlichsten nächsten Wort- und Medienbedürfnissen, basierend auf dem bisherigen Kontext, zu erkennen und rechtzeitig zu generieren, bevor es jemand anderes tut. 

All dieser Schabernack funktioniert, weil die Systeme der fortschreitenden Digitalisierung nahezu die gesamte Text- und Medienhistorie der Menschheit nutzen können. Darüber hinaus werden die Regelextraktionsmaschinen mit jeder Suchanfrage kompetenter, und der Algorithmus wird besser. Durch eine aus der Pädagogik integrierte Feedbackkultur lernen die Maschinen, was die User:innen für mehr oder weniger gelungen halten, um die Ergebnisse stetig in Richtung der Erwartungen zu optimieren. Neben der Produktion von Memes in fotorealistischer Qualität für die (sozialen) Medien haben die Systeme natürlich auch einen immensen Wert für den Kapitalismus. Sei es die Produktion von Literatur, die Lawinen an Serien oder die ewigen Echokammern des Pop. Mit zunehmend besser werdenden Text- und Medienproduktionen der AI kann die Kulturproduktion in jeder Form vom Band laufen, und zwar billiger und ohne eine lästige Wolke an Kulturarbeiterbienen, die wir bisher dazu benötigen. 

Selbstverständlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Unterstützung durch Maschinen auch ein Werkzeug sein kann, deren Einsatz und Nutzen wir noch nicht einmal erahnen können. Doch bei dieser Argumentation ist Vorsicht geboten, um nicht ins Lager der Tech-Bros abzudriften, die in der technischen Entwicklung die Rettung der Welt suchen und zu finden hoffen, wenn sie nur lange genug forschen und entwickeln. Aufgrund unserer bisherigen Erfahrungen im (spät-)kapitalistischen System müssen wir aber eher davon ausgehen, dass zunächst das Menschenverachtendste und Brutalste aus den Gegebenheiten gemacht wird. Künstler:innen konstatieren bereits, dass die KI deren Arbeiten als „Nahrung“ nutzt, ohne dass sie dem je zugestimmt hätten. Die Ausbeutung bekommt also lediglich eine neue Schattierung. 

Es zeichnet sich bereits ab, dass die KI zunehmend Alltagsgrafiken und -texte erstellen wird. Jegliches Illustrations-, Werbe- oder Informationsmaterial wird schneller und kostengünstiger erstellt, wobei vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit geboten wird, ohne die (teure) Arbeit von realen Menschen die gleichen Produkte zu erhalten. Nun muss an dieser Stelle zwischen kreativ Tätigen wie beispielsweise jenen in Werbeagenturen und echten Künstler:innen unterschieden werden. Erstere sind in dem Sinne nicht als Kunstproduzenten zu verstehen. Die Crux liegt vielmehr darin, dass die Kunstproduktion im klassischen Sinn von der KI bedroht ist und diese wiederum keine wirkliche Kunst anfertigt, mit der die Normen, Werte und Vorgänge unserer Gesellschaft hinterfragt werden. Es ist viel eher davon auszugehen, dass die KI, da sie mit bisher Bekanntem gefüttert und in ihrer Radikalität durch Richtlinien beschränkt ist, inhaltlich Gefälliges wie zum Beispiel Schlagermusik liefert. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass es vielleicht auch gut wäre, wenn Arbeit im abstrakten Sinn in der Versenkung verschwinden würde, aber dennoch ist die Bedrohung in der Popkultur real. Neben individuellen Katastrophen für bereits bestehende künstlerische Lebensmodelle ist noch unklar, welche Auswirkungen dies auf die gesamte Kunstproduktion haben wird. 

Wenngleich es bei den Qualitätsmedien vielleicht noch nicht so gut funktioniert, können wir uns bei einem Schmierblatt wie der Kronenzeitung schon ganz gut vorstellen, dass es von einem nicht sehr hochentwickelten Programm gestaltet wird. Maschinen nehmen also die Arbeitsplätze weg. Es scheint angebracht, dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz skeptisch gegenüberzustehen, zumindest dort, wo sie das Leben nicht unbedingt einfacher, sondern vielleicht sogar lästiger macht. Dies soll jedoch kein Aufruf dazu sein, die Augen zu verschließen und die Möglichkeiten, unangenehme Tätigkeiten von einem AI-Programm verrichten zu lassen, grundsätzlich abzulehnen. Vielmehr ist es eine Frage der Vernunft, die Technologie sozusagen die Drecksarbeit erledigen zu lassen, um die Menschen freier zu machen und sie nicht weiter im Auftrag des Kapitals zu versklaven. 

Was bleibt, sind Fragen. Fragen, was Kunst ausmacht? Ob, und wenn ja, wie lange es noch die Kunst der Originalität geben wird? Und ob nicht der gegenwärtige Kunstbetrieb genauso jedes Original zu einer Ware verwurstet. Sich mit Kunst und deren Produzent:innen auseinanderzusetzen, ist zumindest insofern lohnend, als dass diese etwas zur Befreiung der Gesellschaft beizutragen haben. That’s why we should even care. 

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