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Universitäten haben großen Aufholbarf, wenn es darum geht, als professionelle Arbeitgeberin aufgestellt zu sein. Zwischen wissenschaftlichem Leistungsdruck und akademischer Selbstverwaltung kommt Arbeitsrecht und Arbeitsschutz oft zu kurz. Genau deshalb kommt Betriebsräten eine zentrale Rolle zu, wenn es darum geht, Universitäten zukunftsfit zu machen. Denn exzellente Forschung und Lehre braucht exzellte Arbeitsbedingungen.

Von Christoph Krainer.

Betriebsräte im Allgemeinen haben in Betrieben nur begrenzte Optionen. Das Arbeitsverfassungsgesetz räumt ihnen zwar umfassende Informationsrechte ein, sie dürfen darüber hinaus auch mitwirken und haben ein Interventionsrecht – am Ende des Tages sind ihre Befugnisse aber nur geliehen: Betriebsräte haben letzten Endes die Optionen, die ihnen die Unternehmensführung zugesteht. Die umfassenden Informationen, auf die Betriebsräte Anspruch haben, unterliegen der Verschwiegenheit; wenn Mitwirkung verweigert wird, fehlen Rechtsmittel, um sie einzufordern; und Interventionen haben meist nur aufschiebende Wirkung und können kaum etwas verhindern. Was der Bundesrat für eine österreichische Regierung ist, ist der Betriebsrat für die Unternehmungsführung. 
 

An österreichischen Universitäten sind Betriebsräte noch einmal mehr unter Bedrängnis und werden in ihren Optionen eingeschränkt: Sie haben kein Mandat im Universitätsrat. In Aufsichtsräten (das privatwirtschaftliche Pendant dazu) sitzen Betriebsräte ex lege dort, mit Mitwirkungs- und Stimmrechten. In den Universitätsräten dürfen Betriebsräte dankbar sein, als Zaungäste teilnehmen zu dürfen (und was sie dort hören, dürfen sie auch nicht weitererzählen). 
 

Die wenigen Optionen, die Betriebsräte an österreichischen Universitäten haben, werden außerdem durch die traditionelle universitäre Protodemokratie eingeschränkt. Neben dem Rektorat spielt vor allem der Senat (und seine vielfältigen Ableger) eine zentrale Rolle in der sogenannten akademischen Selbstverwaltung. Dort wird zwar formal gewählt, aber durch Kurienbestimmungen sind Mehrheits- und Interessenverhältnisse bereits im Vorfeld definiert – bevor es überhaupt zu einem Interessenausgleich durch Diskurs kommen könnte. Im Senat stellen die Professor:innen die Hälfte der Mitglieder, die andere Hälfte teilt sich auf Mittelbau und Student:innen auf, sowie einem Feigenblattsitz fürs allgemeine Personal. Wenn man bedenkt, dass z. B. an der PLUS den ca. 300 Professor:innen knapp 1700 Angestellte des Mittelbaus, 800 Angestellte des allgemeinen Personals und 15 000 Studierende gegenüberstehen, wird klar, wessen Interessen an Universitäten im Vordergrund stehen und welche nicht. Dieses Zensuswahlrecht ist sicher einer der größten Konstruktionsfehler des Universitätsgesetzes, der bis heute nicht korrigiert wurde. Wie man sich bettet, so liegt man, und man hat sich scheinbar schon sehr daran gewöhnt. Die Debatte über Kurienverhältnisse wird schon lang nicht mehr geführt. Und auch im Senat sind Betriebsräte gern gesehen, als Zaungäste. Das betriebsrätliche Schicksal, das sich durch die gesamte universitäre Gremienstruktur zieht: Ohne Stimme und Gehör, dafür immer top informiert und durch Maulkorb verstummt.

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Und warum braucht es am Ende doch Betriebsräte an Universitäten? 

Gerade weil im Universitätsgesetz eine eigene Definition von Demokratie entwickelt wurde, sind die gewählten Vertreter:innen der Angestellten so wichtig. An Universitäten wählen das wissenschaftliche und allgemeine Personal ihre eigenen Vertreter:innen – und auch wenn diese dann kaum Mitwirkungsoptionen haben, so sind sie doch eines: Sie sind (im Gegensatz zu sämtlichen universitären Gremien) tatsächlich demokratisch im modernen Sinn gewählt. Hinter ihrer Wahl stehen sämtliche Angestellte und deren Wähler:innenwille. Die Interessensvertretung der Betriebsräte endet nicht am Fachbereich, der Fakultät oder dem eigenen inneruniversitären Stand (= Kurie), sondern im Zentrum stehen die Interessen, Bedürfnisse, Rechte, Anliegen, Sorgen und Hoffnungen aller Angestellten, abseits inneruniversitärer Machtspiele und Machtpositionen. Und gerade in Hinblick darauf, dass Universitäten große Arbeitgeberinnen sind, gibt es einiges zu tun: Arbeiten an österreichischen Universitäten heißt oft, prekär angestellt zu sein. Das einzige Karrieremodell neben einer §98 Professor, das Universitäten kennen, ist die Entfristung.  Arbeitsschutzbestimmungen, die in Unternehmen selbstverständlich sind, werden an Universitäten ständig verletzt. In Europa haben wir eine wöchentliche Begrenzung der Arbeitszeit von 48 Stunden. Arbeitszeiten, die dauerhaft über diese 48 Wochenstunden hinausgehen, sind eine grobe Arbeitsschutzverletzung. Fehlende Abgrenzung von Frei- und Arbeitszeit sowie deren Dokumentation, schlechte Bezahlung gepaart mit hohen Anforderungen und das bei fehlender Zukunftsperspektive ist eine weitere Gemengelage, die sowohl das wissenschaftliche und das allgemeine Personal betrifft.  

Long story short: Universitäten sind weit davon entfernt, moderne Arbeitgeberinnen zu sein – hier gibt es noch etlichen Aufholbedarf. Und genau deshalb sind Betriebsräte unerlässlich – sie sind das einzige Gremium und die einzigen Vertreter:innen, die mit einem demokratischen Pouvoir ausgestattet sind. Die Berechtigung und Legitimation durch demokratische Wahlen ermöglichen am Ende die stärkste Handlungsoption: Die Möglichkeit, die Interessen der Vielen aufzeigen zu können und für sie einstehen und sprechen zu dürfen. Und wenn die Leitungsgremien (Ministerium, Unirat, Senat und Rektorat) vielleicht in Zukunft einmal auf sie hören werden, dann können aus Universitäten in Zukunft ja doch noch moderne Arbeitgeberinnen werden. Eine Arbeitgeberin, in der Arbeitsrecht keine Empfehlung ist, sondern ein Recht. Eine, wo wir nicht bloß faire Bezahlung und Arbeitsbedingungen fordern müssen, sondern wo auch über gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen verhandelt werden kann. Eine, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht den Output und überzeichnetes Leistungsstreben. Aber bis dahin müssen wir uns wohl damit zufriedengeben, dass Universitäten in Österreich bloß Arbeitgeberinnen – wenn auch sehr große – sind. 

Christoph Krainer ist Mitglied des Betriebsrats des allgemeinen Personals. Zuvor hatte er die universitären Gremien als Studienvertreter kennengelernt. Rückmeldungen und Feedback gerne an: christoph.krainer@pm.me 

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