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Dieser Text ist als Ende der Berichterstattung zur Betriebsratswahl-Aufhebung und -wiederholung zu verstehen, eine Zusammenfassung des Geschehenen und ein Kommentar mit Anregungen für kommende akademische Arbeitskämpfe. 

Von Georg Pidner

Die langwierige gerichtliche Auseinandersetzung, die von der uni:press recht ausdauernd begleitet wurde(1), endete im Mai mit einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Die Wahl vom letzten Jahr wurde für ungültig erklärt und deshalb im Juli wiederholt. 

Sie fiel somit genau in die Urlaubszeit, aber es konnte per Brief gewählt werden. Zu diesem Zeitpunkt waren mehr Menschen als letztes Mal angestellt und somit wahlberechtigt. Erstaunlicherweise beteiligten sich auch mehr – fast 29 Prozent, ein Plus von etwa drei Prozentpunkten. Die „FCG Fraktion christliche Gewerkschafter: innen und Unabhängige“, von der die Wahlanfechtung ausging, verlor ein Mandat an die sozialdemokratische und unabhängige Fraktion „LKU – Liste Kritische Universität“, der nun 12 der 16 Mandatar:innen angehören. So viel dazu. 

Viel interessanter für alle, die für Uni arbeiten oder es vorhaben, wäre es wohl, mehr über die Perspektiven für konkrete Verbesserungen in der akademischen Wissensproduktion nachzudenken. So wie es der Betriebsrat Christoph Krainer in der letzten Ausgabe der uni:press getan hat. 

Er beschrieb die problemreichen Arbeitsbedingungen und machte Verbesserungsvorschläge. Bei den prekären Beschäftigungsverhältnissen müssten auch die Akteur:innen in Machtpositionen konkrete Auswege aufzeigen können. Hier stellte sich schon die Frage: Wie kann diesen Appellen auch Nachdruck verliehen werden? 

So wie es eine „mutige und offene Diskussion“(2) etwa über Veränderungen der akademischen Selbstverwaltung braucht, benötigt es auch eine darüber, wie Forderungen, die auf lange Zeit nicht oder unzureichend erfüllt werden, mit Druck eingefordert werden können. 

Im zweiten Text ging er auf die Rolle der Betriebsrät:innen ein. Das Zensuswahlrecht nannte er einen „der größten Konstruktionsfehler des Universitätsgesetzes“(3). Womöglich ein beabsichtigter. 

Hier fehlten mir die Zukunftsperspektiven und konkreten Handlungsoptionen zur Erlangung beider. Ein business-as-usual darf es doch, in Anbetracht der unhaltbaren Zustände, nicht geben. Je früher Betriebsrät:innen ihre Rolle intern unter der Belegschaft ausbauen und mobilisieren, desto eher kann auch erreicht werden, dass sie formale Macht und Präsenz in den Gremien erlangen, echte Handlungsoptionen gewinnen. 

Der wiedergewählte Betriebsratsvorsitzende ließ im Interview zum Thema Arbeitskampf durchblicken, dass es Ideen für Maßnahmen für bessere Kollektivvertragsabschlüsse gegeben hätte. Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Unis zu demokratisieren, könnten doch Betriebsrät:innen auch jenseits der Kollektivvertragshandlungen mit Arbeitsniederlegung drohen und dafür mobilisieren. Selbstverständlich würde das viele verschiedene herausfordernde Fragen aufwerfen, aber langfristig braucht es einen Hebel, mit dem der Ohnmacht innerhalb des bestehenden Rahmens entgegengewirkt werden kann. 

Das „Vertrauen in die Institution Betriebsrat“(4) sollte nach so einem Gerichtsprozess nicht nur wiederhergestellt werden, sondern zusätzlich wachsen. Ähnlich wie bei der ÖH braucht es neben Service auch Politik. Diese sollte sich nicht darauf beschränken, dass pro forma scheinbar wichtige Leute getroffen werden und medienwirksam verhandelt wird. Sie muss auch die lethargischen neoliberalen Individuen reaktivieren, ihre konkrete Wirkmacht aufzeigen. 

All talk, no action und Ausreden wie there is no alternative sollten sich Gewerkschafter:innen bei steigenden Lebenserhaltungskosten und sinkenden Reallöhnen (etwa durch zu niedrige Uni-KV-Abschlüsse) nicht mehr gefallen lassen und auch selbst nicht mehr mittragen. Nicht in der Uni und auch nicht außerhalb. 

Infobox:
(1) Zwischen Kettenverträgen, Arbeitskampf und Wahlwiederholung: Interview mit Betriebsratsvorsitzenden #711, S. 35 bis 41 

Ein baldiges Ende der Betriebsratswahlanfechtung? #709, S. 23 

Nicht viel Neues von der Betriebsratswahl-Anfechtung #708, S. 36 bis 37 

Führt ein mangelhaftes Wähler:innenverzeichnis zur Neuwahl? #707, S. 28 

(2) Exzellente Forschung und Lehre haben ein Recht auf exzellente Arbeitsbedingungen #712, S. 42 

(3) Warum Betriebsräte an Universitäten kaum Handlungsoptionen haben und warum sie trotzdem unerlässlich sind #712, S. 45 

(4) Gestalten statt klagen: oder warum ein enttäuschendes Gerichtsurteil auch Chancen eröffnet von Manfred GABRIEL, 2023 https://listekritischeuniversitaet.blogspot.com/2023/07/gestalten-statt-klagen.html#more (zuletzt aufgerufen im Oktober 2023) 

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