Aktuell warten die Unibibliotheken mit verkürzten Öffnungszeiten auf. Wenn man neben dem Studium berufstätig ist, Kinder zu versorgen hat oder nicht am Studienort wohnt, kann das Ausleihen von Büchern mittlerweile zu einer Aufgabe werden, die einiges an Planung abverlangt. Das gehört seitens der Universität dringend geändert.
Friedrich Niedermeier (STV Germanistik)
Wer arbeitet, verliert
Mit den mittlerweile nicht ganz so neuen Öffnungszeiten an den Unibibliotheken (09:00-16:00 Uhr) zeigt unsere liebe Paris Lodron Universität wieder einmal, dass sie dem Namen des Erzbischofs gerecht werden will und eine ganz und gar autokratische Veränderung einführt, die so unergründbar ist wie Gottes Wege.
Die Hauptleidtragenden sind hier mal wieder jene, welche sich ohnehin nicht viel von der Universität erwarten dürfen. Jene armen Teufel, die es nicht geschafft haben, mit einem silbernen Löffel im Mund auf die Welt zu kommen und tatsächlich für ihren Lebensunterhalt während des Studiums arbeiten müssen.
Auch wenn es in den Elfenbeintürmen der Universität vielleicht anders aussieht, so ist in der realen Welt doch noch der gute alte Achtstundentag von 09:00 bis 17:00 Uhr verbreitet, man sieht hier also eventuell eine kleine Überschneidung der Zeiten. Der brav arbeitende Studierende hat somit die wundervolle Möglichkeit, weder vor noch nach der Arbeit in der Bibliothek Bücher abzuholen. Was indes bei manchen Bibliotheken (insbesondere an der GesWi) sowieso mehr an eine Schnitzeljagd als an eine gut geordnete Bibliothek erinnert und somit auch ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen kann. Deshalb ist der Versuch, in einer kurzen Pause mal schnell das richtige Buch zu schnappen, wahrscheinlich eher ein fehlgeschlagener.
Ein Problem an Stunden
Doch natürlich arbeiten brave Studierende nicht jeden Tag. So kämen sie bei dem kläglichen Angebot an Lehrveranstaltungen am späten Nachmittag ja gar nicht zum Studieren. Folglich arbeiten sie halbtags – ob als Lieferboten, im Einzelhandel, in unterbezahlten Praktika oder in der Gastro. Da werden sie doch wohl noch Zeit haben, sich von ihren faulen Sitzorganen zu erheben und in die Bibliothek zu pilgern und die Bücher abzuholen? Nun, wenn die lieben Studierenden halbtags also etwa 15 bis 20 Stunden pro Woche arbeiten müssen und dann im Sinne ihrer studentischen Leistungen auch noch versuchen, ihre von den Curricula vorgeschlagenen 30 ECTS im Semester zu erfüllen, fällt das Ganze schon wesentlich interessanter aus. 30 ECTS, also 750 Stunden laut Bildungsministerium sind auf ein durchschnittliches Semester (in etwa 17 Wochen) schon mal rund 44 Stunden pro Woche, dazu die Halbtagsarbeit, ergibt nach Adam Riese eine kuschelige 60+ Stunden Woche, und da ist es doch eine Frechheit, wenn man dann noch darauf besteht, dass einem die Öffnungszeiten an den Unibibliotheken etwas entgegenkommen sollten.
Nun stimmt es natürlich, dass sich all diese Stunden nicht Montag bis Freitag von 07:00 bis 19:00 Uhr aufteilen. Vieles davon ist selbst einteilbar, allerdings nicht alles. Arbeit und Studium versucht man sich idealerweise so aufzuteilen, dass sich die beiden nicht überschneiden, so endet man dann allerdings meist mit zweieinhalb Tagen, an denen man von Vorlesung zu Vorlesung, von Seminar zu Seminar und von Übung zu Übung hüpft, an den anderen zweieinhalb Tagen wird man dann seine Arbeitsleistungen erfüllen müssen.
Nun könnte man natürlich in den Pausen zwischen den Unterrichtseinheiten versuchen, seine Bücher zu holen. Doch nur allzu oft ist hier, wie oben erwähnt, erstens nicht genug Zeit, um wirklich alles zu finden, was man braucht, zweitens fressen solch lästige Vorkommnisse wie Hunger, Harndrang oder nervlich bedingte Nikotinsucht diese kurzen Pausen oft sehr gierig auf. Es ist und bleibt also eine Zeitfrage.
Wäre es hier nicht angenehmer, nach der letzten Stunde um 18:45 Uhr dann noch schnell in die Bibliothek zu huschen und sich vor dem Nachhauseweg noch die benötigten Bücher aus der Bibliothek mitzunehmen? Ja, das wäre es! Ist das möglich? Nein, ist es nicht. Warum nicht? Weil …
Raum und Zeit
Nun kommen allerdings noch die Studierenden hinzu, welche nicht in Salzburg leben (bei den aktuellen Mietpreisen kann es Ihnen ja keiner übelnehmen). Diese werden vor allem in Zeiten der Online-Universität kaum Gründe haben, an ihren virtuellen Unitagen nach Salzburg zu fahren, um sich dann den ganzen Tag mit FFP2-Maske in die Universität zu setzen, damit sie in einer Freistunde doch noch schnell ein Buch auflesen können, weil sie den Rest der Woche über keine Zeit dazu haben.
Doch natürlich ist dieses spezielle Problem jetzt ja Geschichte, denn die Universität öffnet wieder einmal ihre Pforten und lässt das nächste Semester im Reallife stattfinden.
Es ist dies allerdings nicht das erste Mal gewesen, dass die Universität das versprach. Das WiSe 2021 sollte ganz in Präsenz stattfinden, SoSe 2021 und WiSe 2020 wurden anfangs auch so angekündigt. Es sei mir also verziehen, wenn ich mittlerweile nicht mehr wirklich daran glaube, dass dies im SoSe 2022 so passieren wird. Oder um es mit den Worten des 43. US-Präsidenten zu sagen: „Fool me once shame on you, fool— you can’t get fooled again“, auch wenn das zirka so viel Sinn ergibt wie eine Bibliothek, die nur bis 16:00 offen hat.
Sinnvolle Ideen?
Was könnte unsere liebste Alma Mater also nun für ihre Studierenden Sinnvolles tun? Nicht eine Einschränkung der Bibliotheksöffnungszeiten, sondern eine Ausweitung wäre ein wahres Entgegenkommen. Auch wenn dies wahrscheinlich zu weit geht, so erdreiste ich mich doch, nicht nur eine Öffnungszeit bis 18:00 Uhr, wie in jenen mythischen Zeiten vor der Pandemie, sondern gar eine Öffnungszeit bis 20:00 Uhr zu fordern. Dies würde am Ende noch dazu führen, dass die Studierenden die Möglichkeit hätten, die benötigten Bücher abzuholen.
Wenn sich allerdings Zweifel aufgrund der Personalfrage ergeben sollten, so würde ich hier einen letzten Vorschlag einwerfen: es gibt eine Gruppe Menschen, die meist sehr arbeitstüchtig und in ständiger Geldnot (also auch billig) sind und auch ein gewisses Verhältnis und Verständnis gegenüber Büchern besitzen. Meist kennt diese bestimmte Gruppe dann auch noch die jeweiligen Bibliotheken und weiß zumindest ansatzweise, wo welches Buch und wo welches Schnitzel (siehe oben) zu finden ist. Diese wundersame Gruppe nennt sich Studierende und vielleicht hätten dann auch ein paar mehr von ihnen die Zeit, Arbeit, Studium und Bibliotheksöffnungszeiten miteinander zu verbinden.