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uni:press Beisltest Teil 2

Fortgehen abseits des (studentischen) Mainstreams

Rudolfskai, Gstättengasse, Bergstraße oder Imbergstraße – das sind die Topadressen des Salzburger Nachtlebens. Topadressen? Wirklich? Wir haben uns schick gemacht und für euch Lokale abseits des studentischen Nachtlebens getestet, damit ihr ein Refugium findet, wenn euch die Segabar zu fad wird.

Teil 12 – Taxham

Taxham ist mit ca. 4.800 Einwohnern ein mittelgroßer Stadtteil im Nordwesten Salzburgs. Begrenzt wird er von der Autobahn im Nordwesten, der Eisenbahn im Nordosten und dem Flughafen im Südwesten. Im (Süd)-Osten verläuft die Grenze zu Maxglan entlang der Rosa-Hofmann-Straße und der Favoritagasse. Das Wort Taxham leitet sich wahrscheinlich von einem bis um 1820 dort gelegenen Wäldchen ab (lat. taxus = Eibe), der Wortteil -ham bezeichnet eine Wohnstätte oder ein Dorf. Bis in die 1950er war das Gebiet weitgehend unbebaut. Nach dem Bau einer großen Wohnsiedlung lebten in der “Satellitenstadt” Taxham zeitweise mehr als 10.000 Menschen. Eine Ortskernfunktion für Taxham könnte man dem 1997 erbauten und 2005 erweiterten Einkaufszentrum “Europark” zuschreiben.[1] Der Stadtteil verfügt immerhin über eine eigene S-Bahnstation und ist Sitz eines Fußball-Zweitligisten.

Nichtsdestoweniger ist Taxham flächenmäßig ein eher kleiner Stadtteil, was uns dazu nötigt, das Testgebiet auszudehnen und auch diversen Maxglaner Beisln einen Besuch abzustatten. Wir machen uns also an einem kühlen Novemberabend – dem zweiten Tag, an dem das neue Rauchverbot gilt – auf den Weg, um neue Welten zu erkunden. Fernab der jetzt schon legendären Rudolfskai Riots gelten dabei die altbekannten Regeln: ein Bier und ein Schnaps pro Lokal, danach wird kompromisslos weitergezogen.

Taxhamer Stüberl

Strategisch günstig liegt das Taxhamer Stüberl zwischen zwei Kirchen, der evangelischen Matthäuskirche und der katholischen Pfarrkirche zu Ehren des Herzens Mariä (wie poetisch!). Glaubenskriege werden hier allerdings keine ausgetragen, man ist sich einig: der wahre Glaube heißt Bier. Selbiges braucht man hier im “Institut zur Bekämpfung akuter Unterhopfung” neuerdings noch dringender, denn das Rauchverbot zwingt die Stammgäste in regelmäßigen Abständen hinaus in die nächtliche Eiseskälte, wo sie dann dicht gedrängt einander wärmend an ihren Glimmstängeln ziehen. Bei unserer Ankunft versuchen die Draußenstehenden zu erkunden, ob es sich bei uns um Magistratskontrolleure handelt. Unsere Verneinung wird mit Skepsis aufgenommen und man versichert uns, dass alles seine Ordnung habe. Ob die gelbe Farbe der Wände im Inneren vom jahrzehntelangen Nikotinkonsum stammen, lässt sich heute nicht mehr sagen. Die Luft ist jetzt jedenfalls angenehm frisch und rauchfrei, übrig bleiben nur mehr die angenehmen Düfte von Bier und Schweiß.

“Rosi, des is a Wödscheim!”

Wir sitzen in gemütlicher Atmosphäre zwischen Schiele-Druck und Formel 1-Poster auf Möbeln der Marke Eisenbahner-Kantine und genießen frisch gezapftes Schönramer Bier. Unterdessen sorgen die Stammgäste/Geburtstag Feiernden an der frei zugänglichen DJ-Station für gute Stimmung. Dem aus heiserer Kehle dröhnenden “Rosi, des is a Wödscheim”[2] können wir uns nur anschließen. Das Bier sowie den hervorragend schmeckenden Birnenschnaps serviert der freundliche Wirt mit knackigen Sprüchen wie “Vorsicht, heiß und fettig!” und auch das Rauchverbot kommentiert er ironisch mit “Brauchts an Aschenbecher HAHAHA”. Gleich neben uns steht ein Nagelstock, den wir aber ungenutzt lassen. In einem Hackler-Beisl wollen wir uns schließlich mit unseren feinen Akademikerhänden bei solchen Handwerksspielchen keine Blöße geben. Für anfängliche Verwirrung sorgt die WC-Beschriftung “Valentina” und “Rossi”, die Trial & Error-Methode lässt uns dann allerdings schnell den richtigen Eingang finden. Eines steht somit jedenfalls fest: Den Motorsport lebt man hier in all seinen Facetten. Einziger Schwachpunkt des Taxhamer Stüberls: Die FC Red Bull-Uhr.

Café Graf Zeppelin

Nächste Station unserer Tour ist das Café Graf Zeppelin am gleichnamigen Platz im Süden Taxhams. Das Café besticht durch seine stilvolle Kaffeehausatmosphäre inklusive großem Konfekt- und Kuchenangebot. Vor allem die Deckengestaltung beeindruckt uns sehr. Bewirtet werden wir von einem sympathischen Ex-Norddeutschen, der uns Murauer Bier und Apfelschnaps bringt. Unser Nachbar, der auf seinem Tisch eine bemerkenswerte media station, bestehend aus zwei Tablets, einem Smartphone, diversen Kabeln sowie noise cancelling headphones, aufgebaut hat, überlässt uns gnädigerweise einen Sessel.

Der Gang zur Toilette kann wegen der Dartpfeileinflugschneise nur unter Todesgefahr überwunden werden.

Bereits beim Eingang weist ein Schild darauf hin, dass hier Darts gespielt wird – und tatsächlich widmet sich eine fünfköpfige Gruppe mittleren Alters diesem Sport. Der Gang zur Toilette kann wegen der Dartpfeileinflugschneise nur unter Todesgefahr überwunden werden. Ob die Totenbilder im Stammgasteck auf diesen Umstand zurückzuführen sind, muss an dieser Stelle offen bleiben. Besonderer Service für die Raucher: vor der Tür steht ein dank Abdeckplane windgeschütztes Heizschwammerl, das das nach Draußen verbannte Laster erträglicher macht. Nach dem Pflichtprogramm folgt – fast schon traditionell – die Kür (ein weiteres Bier), danach machen wir uns auf den Weg zum nächsten Lokal.

Toni’s Café

Zehn Meter weiter wird uns beim Betreten von Toni’s Café eröffnet, dass man schon geschlossen habe (lediglich die hübsche Blonde dürfe bleiben). Das Lokal ist voll, die Wirtin zapft gerade ein frisches Bier; offensichtlich hat man hier einen kreativen Weg gefunden, das Rauchverbot zu umgehen. Enttäuscht ziehen wir in Richtung Maxglan davon. Nach kurzem Fußmarsch nehmen wir einen seltsamen Geruch wahr, der an Feuerwerk erinnert. Wenige Sekunden später rasen Autos vom Parkplatz des hiesigen Chinarestaurants davon. Auf dessen Parkplatz sehen wir einen Kellner mit einem Wasserkrug in den Händen – vor ihm eine Matratze, die an einem Eck angebrannt ist. Handelt es sich hier um das Werk organisierter Krimineller? Waren wir womöglich Zeugen des Nachspiels eines Streits der Triaden um eine illegale Teigtascherlmanufaktur? Wir werden es wohl nie erfahren.

Zur Alm

Nicht weniger gefährlich ist unser nächster Aufenthalt in einem Lokal namens “Zur Alm”, vormals “Maxglaner Pub”, in der Maxglaner Hauptstraße. Hier müssen selbst die härtesten Hunde unter den Beisltouristen kurz schlucken, denn wir befinden uns in wenig angenehmer Gesellschaft. Am Nebentisch zecht eine dank einschlägiger Tattoo-Motive leicht als solche enttarnbare Gruppe waschechter Neonazis. Wir haben zum Glück die blond-blauäugige Chefredakteurin dabei und unsere Antifa-Fahnen ausnahmsweise daheim gelassen. Ob der Beislchef mit ihnen unter einer Decke steckt, ist schwer zu sagen. Einerseits serviert uns der Glatzenträger mit den schwarz lackierten Fingernägeln Schinken-Käse-Toast mit tiefgefrorenem Inhalt; andererseits behandelt er uns recht freundlich und auch die Musik ist nicht übel. Am ungenießbaren Toast sei übrigens das neue Gerät schuld – diese Behauptung wird dadurch bestätigt, dass selbiger nach dem zweiten Versuch nicht mehr gefroren, sondern verbrannt ist.

Am Nebentisch zecht eine dank einschlägiger Tattoo-Motive leicht als solche enttarnbare Gruppe waschechter Neonazis.

Einziger Lichtblick: Stammgast Gerlinde kümmert sich rührend um uns. Sie, die die vollen 45 Minuten unseres Aufenthalts immer wieder betont, dass sie schon vor fünf Minuten nach Hause hätte gehen müssen, frequentiert das Beisl und seine Vorgängerinstitutionen bereits seit 1991. Nachdem die Faschos schließlich aus dem Lokal verschwinden bzw. vor lauter Besoffenheit rausstolpern, wird es auf einmal spürbar gemütlicher und wir können auch die geschmackvolle Hüttendeko endlich wertschätzen.

WunderBAR

Wenige Meter weiter befindet sich, etwas versteckt, die WunderBAR, die wir trotz unserer ausführlichen Vorab-Recherchen gar nicht am Schirm hatten. Weil wir aber ein Faible für kreative Wortspiele haben, riskieren wir einen Besuch. Das düstere Beisl, dessen Stammgäste allesamt an der Bar sitzen und mit der Wirtin plaudern, besticht durch seine Sauna-Optik. Man hat ganz offensichtlich aus irgendwelchen Vorfällen gelernt, denn die Tische sind fest im Boden verankert. Wir vermuten, dass das mit der kleinen Tanzfläche mitten im Lokal zu tun hat. Diese ist an diesem Abend (noch?) leer. Größter Schwachpunkt der WunderBAR ist, dass man das Bier hier nur im Seidlformat ausschenkt. Uns ist das egal, wir bestellen ganz einfach eine zweite Runde. Danach stärken wir uns bei der Kebabfrau nebenan und ziehen weiter.

Laterndl

Letzte Station und große Überraschung des Abends ist das Laterndl in der Innsbrucker Bundesstraße, dessen unscheinbarer Eingang ein Mini-Beisl vermuten lässt. Nachdem wir uns aber unseren Weg durch die Rauchertraube vor dem Eingang gebahnt haben, betreten wir ein prall gefülltes Lokal mit verwinkelten Räumen, Disko-Feeling und top Partystimmung. Wir haben Glück und finden dennoch einen Tisch. Von den rundherum sitzenden BesucherInnen werden wir sofort ins Herz geschlossen und auch die Versorgung mit Bier, Schnaps und Toast ist hier einwandfrei. Letzterer ist sogar beim ersten Versuch genießbar – der Käse zerrinnt beim Anschneiden wie in einem Werbevideo. Einziges Manko ist die lange Wartezeit bei den Toiletten.

Wie immer erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Über Anregungen und Geheimtipps für kommende Beisltests freut sich die Redaktion außerordentlich (presse@oeh-salzburg.at).

Prost!

Disclaimer: Der Test wurde in unserer Freizeit durchgeführt, dadurch keine Studierendeninteressenvertretungsarbeit vernachlässigt. Es wurden keine ÖH-Mittel aufgewendet. Es gab keinerlei finanzielle Zuwendungen seitens der Beisl-InhaberInnen.


[1] Ansicht eines weitgehend unbekannten, weil mäßig erfolgreichen Regionalpolitikers.

[2] Für unsere jüngeren LeserInnen: Musik wurde früher auf scheibenförmigen Tonträgern gespeichert.

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