Rhetorikseminare an der Uni sind normalerweise eine ernste Sache. Hier geht es darum, Körpersprache zu perfektionieren, Argumente zu schärfen und überzeugend aufzutreten. Doch dann gibt es Seminare wie „tierisch gut überzeugen“, die die gesamte Rhetorik auf ein… sagen wir mal, kreatives Level heben. Offiziell ging es um die „grenzüberwindende Kunst der Überzeugung“. In der Praxis fühlte es sich jedoch eher wie ein missglückter Kindergeburtstag an – nur ohne Kuchen, aber mit jeder Menge Fremdscham.
Die Aufgabe: Von der Zoologie zur Bühnenkunst
Die Vorgabe war so einfach wie absurd: Wähle nach unserem gemeinsamen Zoobesuch ein Säugetier aus, studiere es und bringe es in menschlicher Form auf die Bühne. Mit allem Drum und Dran – Mimik, Gestik, Körpersprache. Ach ja, und dann überzeuge dabei noch dein Publikum, warum dein Tier einen Zoo regieren sollte.
Der Pinguin überzeugte mit einer tollpatschigen, aber charmanten Präsentation, das Känguru hüpfte quer durch den Raum, was für einen Moment weniger an Überzeugung als an eine spontane Aerobic-Einlage erinnerte.
Zu Hause hieß es also üben und überlegen, wie man einen Pinguin oder ein Känguru in Menschengestalt glaubwürdig präsentiert. Die Tiere, die letztendlich die Bühne eroberten, reichten von eleganten Arten wie dem Jaguar und dem roten Panda bis hin zu überraschenden Außenseitern wie der Ratte und dem Mara.
Die Show beginnt: Tiere im Seminarraum
Der Tag der Aufführungen war eine Mischung aus Theateraufführung, Improvisation und Fremdscham-Training. Jede:r hatte sich vorbereitet und die Ergebnisse waren so vielfältig wie die ausgewählten Tiere. Der Pinguin überzeugte mit einer tollpatschigen, aber charmanten Präsentation, das Känguru hüpfte quer durch den Raum, was für einen Moment weniger an Überzeugung als an eine spontane Aerobic-Einlage erinnerte. Der Schneeleopard hingegen bestach durch seine königliche Eleganz, während der rote Panda sich vor allem auf sanfte Gesten und charmante Argumente verließ.
Lehrreich oder nur seltsam?
Offiziell ging es darum, die Kunst der Überzeugung auf ungewöhnliche Weise zu trainieren und dabei auch die rhetorischen Fähigkeiten von Tieren zu beleuchten. In der Realität wirkte es allerdings oft eher wie ein Versuch, die Grenzen der Würde auszuloten.
Die meisten wählten Tiere, die als ruhig und elegant galten – zufälligerweise in der Hoffnung, dass diese leichter darzustellen wären und weniger Anlass zu peinlichen Momenten boten? Spoiler: Es hat nicht funktioniert. Es stellte sich heraus, dass Würde ein dehnbarer Begriff ist, wenn man als Mensch versucht, ein Äffchen in High Performance in einem Seminarraum darzustellen.
Ob jemand nach diesem Seminar wirklich besser argumentieren kann, bleibt offen. Sicher ist nur, dass alle Teilnehmenden ihre Komfortzone verlassen mussten – manche mit mehr Eleganz, andere mit mehr Humor.
Man kann der Veranstaltung eines zugutehalten: Sie wird in Erinnerung bleiben. Denn wie oft erlebt man schon einen Hörsaal voller Pinguine, Jaguare und Totenkopfäffchen, die um die Herrschaft im Zoo debattieren?
P.S.
Gerade als alle dachten, der schlimmste Teil des Seminars sei überstanden, kam die finale Herausforderung: eine 16-seitige Hausarbeit. Ja, wirklich. Es ging darum, theoretisch zu analysieren und zu reflektieren. Für viele war das der Moment, in dem das letzte Lächeln erlosch. Denn wer hätte gedacht, dass man als Känguru nicht nur hüpfen, sondern auch noch wissenschaftlich schreiben können muss?
Anm. der Redaktion: Die Verfasserin bzw. der Verfasser bat um anonyme Veröffentlichung. Dieser Bitte kommt die Redaktion gerne nach.