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Seit dem Frühjahr 2020 werden die Reformpläne des Rektorats kontrovers diskutiert. Nachdem aufgrund der schwachen Kommunikationsleistung des Rektors monatelang unklar war, was sich überhaupt ändern soll, liegen mittlerweile die zwei zentralen Dokumente vor, die die Zukunft der Uni Salzburg definieren sollen. Wir haben den Entwicklungsplan 2022-2027 und das Konzept zur Strukturreform für euch durchgesehen.

Text: Christoph Würflinger

Erst Mitte August hat Rektor Lehnert sein Konzept für die Umstrukturierungen an der Uni Salzburg vorgelegt, deren Vorboten schon seit Juni für Aufregung gesorgt hatten. Sein Befund: Salzburg habe im österreichweiten Vergleich zu wenig Studierende pro Studium. Ein Drittel der 30 Bachelorstudien hat weniger als 120 Studierende. Bedenkt man, dass für jedes Studium ein volles Lehrangebot zu administrieren und entsprechende Lehrveranstaltungen anzubieten sind, müsse man laut Konzept die Organisationsstruktur der Uni überdenken. Zudem verfüge die PLUS über zu wenig Drittmittel (eigentlich nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass sie zum überwiegenden Teil aus Theologie, Geistes- und Rechtswissenschaften besteht). Viele WissenschaftlerInnen würden zwar individuell exzellente Forschung betreiben, an Forschungsverbünden und kooperativen Projekten seien sie aber kaum beteiligt. Schließlich sei auch die Positionierung in den diversen Hochschulrankings nicht gut genug.

Mit der Umstrukturierung der Uni soll sich das alles verbessern. Eine klare Definition von Fakultäten, Fachbereichen und Zentren soll das Profil der Universität besser nach außen vermitteln. Die Neustrukturierung der Organisationseinheiten soll eine Steigerung der Synergien und damit der wissenschaftlichen Produktivität bringen. Redundante und damit nicht notwendige Strukturen will das Rektorat abbauen. Vor diesem Hintergrund sollen nun neue Fakultäten entstehen und Fachbereiche zusammengelegt werden. Überhaupt sollen die Fakultäten als Organisationseinheiten gestärkt werden und mehr Aufgaben wahrnehmen als bisher: Die Fachbereiche sollen sich als “Fakultätsfamilie” begreifen, wo Diskussionen über Ausrichtung und Studienangebote als gemeinsame Profilbildung verstanden werden.

Konkret soll es an der Universität Salzburg künftig sechs Fakultäten geben. Bestehen bleiben – mit geringfügigen internen Änderungen – die Theologische und Juridische Fakultät. Die Kultur- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät wird – gegen den Willen vieler – aufgespalten in Kulturwissenschaften (Altertumswissenschaften, Anglistik/Amerikanistik, Germanistik/Linguistik), Kunst-, Musik- und Tanzwissenschaft sowie Romanistik/Slawistik) und Gesellschaftswissenschaften (Erziehungswissenschaft, Geschichte, Kommunikationswissenschaft, Philosophie, Politikwissenschaft, Soziologie/Sozial- und Wirtschaftsgeografie). Befürwortet wird das vor allem von den Angehörigen der Gesellschaftswissenschaften, wobei man auch von dort hört, dass nicht gerade Einigkeit herrschen dürfte. Die Lebens- und Naturwissenschaftliche Fakultät soll in Zukunft Biowissenschaften und Medizinische Biologie, Chemie und Physik der Materialien, Gerichtsmedizin und Forensische Psychiatrie, Psychologie, Sport- und Bewegungswissenschaft sowie Umweltwissenschaft und Biodiversität umfassen. Neu geschaffen wird eine Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften (Computerwissenschaften, Geoinformatik, Intelligent Analytics and Human Interfaces, Mathematik).

Die Zusammenlegung von Fachbereichen folgt keiner erkennbaren Logik.

Während die Aufteilung der Nawi kaum Widerstand verursacht, ist die KGW in hellem Aufruhr. Vor allem die Zusammenlegung von Fachbereichen an der zukünftigen Kulturwissenschaftlichen Fakultät, die keiner erkennbaren Logik folgt, sorgt für Unmut. Dort sieht man sich insgesamt als Reformverlierer; die Fachbereiche Geschichte und Philosophie, die man auf den ersten Blick nicht an einer sozialwissenschaftlich orientierten Fakultät vermuten würde, haben sich auf die “Gewinnerseite” gerettet und sind wohl mit dafür verantwortlich, dass diese nicht (wie ursprünglich angedacht) Sozial-, sondern Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät heißen wird.

Fakultätsgliederung im Vergleich; Quelle: Strukturreform: PLUS 2030, Seite 30

Die Vermutung, dass die Kulturwissenschaften die Verlierer sein werden, ist nicht ganz unbegründet: Die einzige Latinistik-Professur der Uni wird nicht wieder besetzt, eine vakante Romanistik-Professur frühestens in fünf Jahren (Skeptiker befürchten: gar nicht). Wird auf diese Weise bereits die Schließung kleiner Fachbereiche vorbereitet? Dem im Entwicklungsplan postulierten “Bekenntnis zu einer breit gefächerten Universität” wird das jedenfalls nicht ganz gerecht.

Abzuwarten bleibt auch, wie erfolgreich eine eigene Fakultät für Digitale und Analytische Wissenschaften sein wird, wenn man bedenkt, dass in den kommenden Jahren in Linz eine ganze (Technische) Universität mit dem selben Schwerpunkt aus dem Boden gestampft werden soll. Ob der Andrang an Studierenden so groß sein wird, dass gleich zwei neue Institutionen damit gefüllt werden können, ist fraglich. Zumindest aber soll es dafür finanzielle Zuwendungen vom Land Salzburg geben.

Was die Kommunikation seiner Pläne betrifft, hat Rektor Lehnert völlig versagt.

Nicht alle Ideen, die der Rektor hat, sind schlecht. So ist beispielsweise die angedachte fächerübergreifende Methodenausbildung in den Gesellschaftswissenschaften eine reizvolle Idee, mit der die vielbeschworenen Synergien besser genutzt werden können. Auch die Teilung der Nawi ergibt durchaus Sinn. Andere Maßnahmen wiederum, etwa die Zusammenlegung von Romanistik und Slawistik (“Sind ja beides Sprachen”), sind völlig jenseitig.

Es hat Monate gedauert, bis überhaupt ein Konzept vorgelegt wurde und dem Senat wie auch den Fachbereichen werden (angeblich) bis heute Dokumente und Daten vorenthalten. Lehnert hat den Anschein erweckt, als wolle er Pandemie und Urlaubszeit nutzen, um die Universitätsangehörigen einfach vor vollendete Tatsachen stellen. Sein im Entwicklungsplan formuliertes Ziel, die Universität Salzburg “weiterhin als bedeutendste Bildungs- und Forschungseinrichtung der Region zu verankern”, ist nicht sehr hoch gesteckt. Als Begründung für derart tiefgreifende Umstrukturierungen ist das eher mager.

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