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Die Rede ist nicht von Geheimlogen oder Freimaurern, sondern vom “Unirat”. Die Uniräte sind eines der Leitungsorgane der österreichischen Universitäten. Seit ihrer Einführung unter der ersten Schwarz-Blauen Regierung im Jahr 2002 stehen sie massiv in der Kritik. Seit Mai amtiert der neue Unirat der Uni Salzburg. Von Kay-Michael Dankl

 

 

Mächtiges Organ im Schatten der Uni

Der Unirat ist seit 2002 eines der mächtigsten Leitungsorgane an öffentlichen Universitäten. Er trifft weitreichende Entscheidungen über das Leben an der Uni. Der Unirat kann den Rektor oder die Rektorin ernennen und abberufen, über das Budget entscheiden, über den Entwicklungs- und den Organisationsplan beschließen und alles zu kontrollieren, was sich an der Uni abspielt. Uniräte sind für fünf Jahre im Amt, können nicht abgewählt werden. Der Unirat trifft sich im Geheimen und ist niemandem Rechenschaft schuldig. Nach außen tritt er kaum in Erscheinung. Nur die wenigsten Uni-Angehörigen kennen die Uniräte.

 

Wirtschaft, Politik, Establishment

Wessen Interessen vertreten die Uniräte? In der Theorie sollten die Uniräte die Interessen der Öffentlichkeit vertreten. Schließlich handelt es sich um öffentliche Universitäten, die auch aus öffentlicher Hand finanziert werden. Grundsätzlich kann das eine wichtige Funktion sein. Aber was sind die öffentlichen Interessen? Die Antwort hängt von den Leuten ab, die ausgewählt werden. Ein reicher Manager bringt vielleicht andere Vorstellungen mit, wie eine öffentliche Hochschule funktionieren sollte, als jemand aus dem Sozial-, Kultur- oder Bildungsbereich.

 

„Uniräte werden nicht demokratisch gewählt.“

 

Auch die Entscheidungskultur, die Sprache und die Kenntnis, wie eine Uni funktioniert, sind sehr unterschiedlich. Hinzu kommen handfeste Eigeninteressen: Beispielsweise können Rechtsantwält*innen, Kapitalbesitzer*innen oder Firmen-Chefs ein starkes eigenes Interesse daran haben, Universitäten so umzugestalten, dass es ihren Profitinteressen dient. Umso wichtiger ist die Frage, wer die Uniratsmitglieder bestimmen darf.

 

Wer besetzt den Unirat?

Uniräte werden nicht demokratisch gewählt. Die Hälfte der Mitglieder wird von der Bundesregierung ernannt, die andere Hälfte vom Senat der jeweiligen Uni nominiert. Ein zusätzliches Mitglied wird von den bereits Nominierten in ihrer ersten Sitzung kooptiert. Obwohl der Unirat extrem viel Macht in seinen Händen konzentriert, dürfen die Unterworfenen – die Studierenden und Bediensteten – nur indirekt und teilweise mit ihm reden: über den Senat der jeweiligen Universität.

 

Autoritäres Firmen-Modell statt Mitbestimmung

An der Uni Salzburg hat der Senat 26 Mitglieder, die getrennt nach vier Personengruppen gewählt werden: Die Hälfte der Senats-Mitglieder kommt aus der privilegierten Gruppe der “ProfessorInnen”. Wichtig: Nicht alle Lehrenden sind “ProfessorInnen”. Die ProfessorInnen stehen an der Spitze der Uni-Hierarchie. An der Uni Salzburg gibt es nur ca. 130 ProfessorInnen (darunter nur ein Viertel Frauen), die extrem überrepräsentiert sind – auf Kosten der anderen Gruppen. Denn alle anderen rund 1.700 wissenschaftlichen Bediensteten (“Mittelbau”) sind nur mit 6 Mitgliedern im Senat vertreten. Auch die 18.000 Studierenden haben nur 6 Sitze im Senat, die rund 900 nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen nur einen einzigen.

 

Diese Aufteilung ist im österreichischen Universitätsgesetz 2002 festgeschrieben. Einst galt die “Drittel-Parität”: Je ein Drittel der Sitze für Profs, Mittelbau und Studierende. Sie wurde 2002 von der ersten Schwarz-Blauen Regierung zerschlagen. Damals wurde die Uni-interne Demokratie – nach dem Rohentwurf einer “unternehmerischen Hochschule” – wie eine Firma umgebaut: Mit einem mächtigen Unirat, quasi als Aufsichtsrat, dem Rektorat als Management und einem schwer geschwächten Senat als Überbleibsel demokratischer Mitbestimmung.

 

Empörung: Rechtsextreme Burschenschafter als Uniräte

Die jüngsten Nominierungen der Regierung für die Uniräte 2018-2013 sorgten österreichweit für Furore. Im Februar durfte die neu angelobte Rechtsaußen-Regierung unter Kurz und Strache gleich 59 Unirät*innen ernennen. Darunter sind auf FPÖ-Tickets mehrere deutschnationale Burschenschafter: Für die Uni Graz wurde Alois Gruber nominiert, Autor in der rechtsextremen “Aula” und Mitglied der völkischen Burschenschaft Arminia Czernowitz, die mit den neofaschistischen “Identitären” und Antisemiten mit Neonazi-Kontakten in Verbindung steht. An der Uni Wien wurde mit Reinald Riedl der stellvertretende Vorsitzende der Burschenschaft “Libertas” ernannt, welche Teil des rechtsextremen “Wiener Korporationsrings” ist und 2009 den neonazistischen “Bund Freier Jugend” ausgezeichnet hat. Damit wurde ein dem Neonazismus nahestehender Burschenschafter Unirat der größten Universität im deutschsprachigen Raum. Die Liste schockierender Nominierungen ließe sich fortsetzen.

 

Salzburg: Weichenstellung vor Rektors-Kür

Bei den Regierungs-Nominierungen ist die Uni Salzburg vergleichsweise harmlos davongekommen. Die Bundesregierung nominierte auf ÖVP-Vorschlag Johannes Hörl (Generaldirektor der Großglockner-Hochalpenstraße AG), sowie Rechtsanwältin Elisabeth Rech und Jus-Professorin Brigitta Zöchling-Jud auf FPÖ-Tickets. Der Senat der Uni Salzburg hat Barbara Blaha (Programmleiterin beim Brandstätter Verlag, Aktivistin und ehemalige ÖH-Vorsitzende) ein zweites Mal, sowie Georg Lienbacher (Mitglied des Verfassungsgerichtshofs und Jus-Professor) und Helmut Schmidt (Präsident der Technischen Uni Kaiserslautern) nominiert. Als siebtes Mitglied wurde Wolfgang Anzengruber (Manager bei der Verbund AG) kooptiert.

 

Klar ist: ÖVP und FPÖ nutzen die Nominierung von Uniräten, um ihre Interessen an den Hochschulen zu befördern. Das dürfte in Salzburg vor allem für eine schwerwiegende Entscheidung gelten, die unmittelbar bevorsteht: Nach 18 Jahren im Amt beendet Heinrich Schmidinger nächstes Jahr seine Tätigkeit als Rektor. Wer ihm nachfolgt, ist auch für die Parteien von Interesse. Der Unirat hat die Aufgabe, aus einem Dreier-Vorschlag des Senats eine Person als Rektor auszuwählen. Es ist anzunehmen, dass die von der Regierung nominierten Uniräte klare Vorstellungen oder gar Instruktionen haben, welche der teils bereits bekannten Kandidat*innen für das Rektorat zu unterstützen oder zu verhindern seien.

 

„Der Unirat als Institution steht einer demokratischen Uni im Weg.“

 

Manche berichten schon jetzt von einem Kulturwandel im Unirat: Sitzungstermine würden nicht mehr mit dem Rektorat und dem Senat abgestimmt (die – wie auch die ÖH – ohne Stimmrecht teilnehmen dürfen), sondern werden vom Unirat diktiert. Während der Sitzungen müssen die Vertreter*innen des Rektorats, Senats und der ÖH oft den Raum verlassen, während sie bisher fast durchgehend an den Sitzungen teilnehmen durften. Es bleibt abzuwarten, ob es sich um Fußnoten der Gremienkultur oder um unipolitische Verschiebungen größeren Ausmaßes handelt.

 

Fest steht: Der Unirat als Institution steht einer demokratischen Uni, die auf Mitbestimmung statt autoritären Management-Modellen beruht, im Weg. Die Kritik von 2002 – an der undemokratischen Zusammensetzung, dem Übergewicht privatwirtschaftlicher Interessen, der Nominierung von rechtsextremen Burschenschaftern – ist 16 Jahre später so aktuell wie eh und je.

 

 

Foto: Scheinast / Universität Salzburg

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