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uni:press Beisltest Teil 2

Fortgehen abseits des (studentischen) Mainstreams

Rudolfskai, Gstättengasse, Bergstraße oder Imbergstraße – das sind die Topadressen des Salzburger Nachtlebens. Topadressen? Wirklich? Wir haben uns schick gemacht und für euch Lokale abseits des studentischen Nachtlebens getestet, damit ihr ein Refugium findet, wenn euch die Segabar zu fad wird.

Teil 9 – Altstadt

Ein Beisltest in der Salzburger Altstadt? Inmitten japanischer Touristen und Festspielschickeria? Bitte, wie?! Nein, kein Scherz. Auch wenn es auf den ersten Blick unmöglich scheint: Das Weltkulturerbe hält einige Beisl-Perlen für Trinkwillige bereit. Unser 34 Hektar großes Testgebiet ist wohl den meisten gut bekannt: Im Osten wird es vom Rudolfsplatz begrenzt, im Nordwesten vom Klausentor. Natürliche Grenzen sind der Festungsberg und Mönchsberg im Süden bzw. Westen sowie die Salzach im Norden.

Die doch etwas spezielle Situation der Salzburger Altstadt hat uns allerdings zur Erkenntnis gebracht, dass es nach acht Beisltest-Ausgaben an der Zeit ist, endlich den Begriff “Beisl” zu definieren. Zu lange haben wir uns davor gedrückt, klare Ansagen zu machen und unsere Auswahlkriterien offenzulegen. Laut Wikipedia, der obersten und unfehlbaren Autorität, wenn es um Definitionen geht, ist ein Beisl ein österreichisches Wirtshaus oder Gasthaus. Nun ist es aber so, dass mit “Wirtshaus” auch ein Lokal gemeint sein kann, das so überhaupt nicht unserem Bild von einem Beisl entspricht (vgl. die klassische Provinzkaff-Trias Raika – Lagerhaus – Kirchenwirt).

„Abgeleitet vom tschechischen “pajzl” bezeichnet Beisl Kneipe oder Spelunke, also ein Lokal niederer Güte.“

Besser passt die Erklärung des Wörterbuchs der bairischen Mundarten in Österreich: Abgeleitet vom tschechischen “pajzl” bezeichnet Beisl Kneipe oder Spelunke, also ein Lokal niederer Güte, wobei sich ein Bedeutungswandel zum Besseren eingestellt hat (vgl. etwa das schnöselige ARGE Beisl). Mitunter spricht man sogar schon von Nobel-Beisln, wobei solche Oxymora ganz sicher nicht in unseren illustren Testpool fallen, was wiederum nicht heißen soll, dass wir Etablissements für den gehobenen Drangler von vornherein ausschließen wollen. Man sieht bereitsn: Eine exakte Definition ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich; wir brauchen sie aber eigentlich auch gar nicht, denn: Beisl ist eine Einstellung, ein Lebensgefühl, ein state of mind. Beisl ist, was du draus machst.

Klassische Beislmerkmale wären etwa: Schanktheke, Namen wie Treff, Café oder Stüberl (oft in Verbindung mit einem oder mehreren Deppenapostrophen), eine oder mehrere Dartscheiben (nicht selten kombiniert mit Pokalen von internationalen Darts-Meisterschaften), eine kleine Auswahl an Speisen (z.B. Gulaschsuppe, Frankfurter, Schinken-Käse-Toast), keine laute Musik, Einrichtung wie im Wohnzimmer von Tante Gerti. Das alles kann ein Beisl haben, muss es aber nicht. Hauptsache ist, dass Bier, Wein und Schnaps günstig sind. Damit wären wir auch schon bei unserem Stichwort: Beisl-Test, Bier und Schnaps, danach weiterziehen, wie gehabt, ihr kennt euch aus.

Gasthaus Hinterbrühl

Erste Station unserer Altstadtexpedition ist ein unauffälliges Lokal am Kajetanerplatz, an dem jeden Tag hunderte, wenn nicht sogar tausende BustouristInnen vorbeigeschleust werden. Im breiten Spektrum der Beislarten entspricht das Gasthaus Hinterbrühl am ehesten dem Typ “Wirtshaus”, weil es hier eine vergleichsweise umfangreiche Speisekarte und wenig (eigentlich keine) TschecherantInnen gibt. Unsere InformantInnen haben uns allerdings verraten, dass hier bis vor nicht allzu langer Zeit ordentlich gebechert und gepofelt wurde. Seit dem Inhaberwechsel geht es aber ruhiger zu, was aber nicht heißen soll, dass man sich hier nicht gemütlich betrinken könnte. Obwohl wir knapp vor der Sperrstunde kommen, begrüßt man uns freundlich und bekocht uns sogar noch. Zu Bier und Schnaps (Empfehlung: Zirbe) wird hier vor allem klassische Hausmannskost serviert. Kurz vor der frühen Sperrstunde (21 Uhr) testen wir noch die Toiletten. Diese sind hinter einem Vorhang im Vorhaus versteckt – vermutlich, um sie vor den Touri-Karawanen, die durch das Weltkulturerbe pilgern, zu verstecken. Dem Massenandrang auf diese Weise entzogen, sind sie entsprechend sauber und gepflegt – einwandfrei. Dem guten Schmäh des Kellners ist es zu verdanken, dass wir letztendlich auch unseren Rauswurf sportlich nehmen und guten Mutes weiterziehen.

Johanna’s Secession

In der engen Krotachgasse, zwischen Mozartkino-Hintereingang (eigentlich -ausgang) und einer Wäscherei befindet sich das Café Secession. Dort gibt es “coole Drinks für coole Leute” – wir gehen trotzdem hinein in der Hoffnung, bewirtet zu werden. Der in häretischer Manier von einer Beisltourteilnehmerin bestellte “Hugo” wird in einem großen Kelch serviert und bringt derselben verächtliche Blicke der traditionalistischen BeisltouristInnen ein. Vom nächsten exotischen Getränk, welches besagte Dame bestellt, kennen wir weder Namen noch Zutaten, aber es schmeckt hervorragend – großes Lob an die sympathische Wirtin Johanna.

„Wir verlassen das Lokal dank der coolen Drinks als coole Leute.“

Auf Wunsch unserer Chefredakteurin soll auch das Interieur des Lokals nicht unerwähnt bleiben, weil es angeblich – abgesehen vom Stiegl-Kühlschrank – der “echten” Secession ähnele. Der Rest der Truppe ist kulturell nicht interessiert und weiß deshalb nicht, wovon sie spricht. Unsere Expertise liegt anderswo: Wen die Notdurft drängt, der muss die beschwerliche Reise in den ersten Stock auf sich nehmen. Diese zahlt sich aber aus, man fühlt sich dort sehr wohl. Weil aber alles ein Ende hat und nur die Wurst zwei, können wir diese Oase der Glückseligkeit nicht weiter genießen, steigen wieder hinab in die Welt der Sterblichen und verlassen das Lokal dank der coolen Drinks als coole Leute.

Balthazar

Während das Gasthaus Hinterbrühl am Wirtshaus-Ende des Spektrums lag, ist es bei diesem Lokal in der Kaigasse umgekehrt: Das Balthazar würde – rein optisch – genauso gut auf den Rudolfskai passen. Vielen ist es vielleicht wegen der lustigen und geistreichen Sprüche auf den außen angebrachten Tafeln bekannt. Weil es schon spät ist und der Andrang an potentiell Trinkwilligen überschaubar ist, ist man hier bei unserer Ankunft schon im Begriff zuzusperren. Für uns wird allerdings eine Ausnahme gemacht und für die Damen in unserer Gruppe, die nach dem Besuch in der coolen Secession (oder wegen der arktischen Außentemperaturen) frieren, wird sogar ein Heizstrahler bereitgestellt. Auch für das leibliche Wohl wird in Form von (kostenlosen) Chips gesorgt. Das kroatische Bier, auf das wir uns nach Durchsicht der Karte sehr gefreut haben, ist leider ausverkauft (ein Qualitätsmerkmal?). Wir müssen uns daher mit einer österreichischen Variante des Gerstensafts zufriedengeben. Bonus für sportlich Interessierte: Auf den Bildschirmen des Lokals läuft Fußball.

Pfeifferstüberl

Für die meisten Geswi-Studis gilt wohl: Oft daran vorbeigegangen, aber nie hinein getraut. Bei einem ersten Erkundungsbesuch vor mehreren Jahren wurde festgestellt, dass man das Lokal am Papagenoplatz betreten kann, ohne von wildgewordenen Stammgästen aufgefressen zu werden. Das gilt auch heute noch, obgleich selbige auf unsere Ankunft äußerst skeptisch reagieren. Das Publikum gehört durchwegs zur Gruppe 55+, die Universität Salzburg könnte hier also gut um neue Studieninteressierte bzw. Zahlungswillige für das entsprechende Programm werben. Das Stüberl verfügt über eine große Schnapsauswahl, die es dank bunter Flüssigkeiten in verschiedenen Gefäßen wie eine Alchemistenküche wirken lässt. Größter Nachteil des Beisls: Es ist hier alles sehr beengt, weshalb man durchaus damit rechnen muss, wegen Platzmangels abgewiesen zu werden.

Klause

Wir machen einen großen geographischen Sprung ans andere Ende der Altstadt und befinden uns nun am Ursulinenplatz. Während die meisten anderen Beisln in erster Linie von Unterschichten-Dranglern frequentiert werden, besaufen sich hier Intellektuelle (und solche, die sich dafür halten). Wir passen also bestens in das gut besuchte Lokal und ordern Bier und Schnaps. Wer es gerne rauchfrei hat, ist hier am falschen Platz – die Rauchschwaden hängen zu späterer Stunde bereits tief im Raum. Ein Ausweg aus dieser Situation wäre im Sommer wohl der Gastgarten vor dem Lokal. Dieser ist Gerüchten zufolge aber hin und wieder gesperrt, weil er an der Einschlagstelle eines beliebten Salzburger Suizid-Hotspots liegt. Wer über 1,70 groß ist, wird außerdem Probleme mit den Toiletten haben – sie erfordern mitunter akrobatische Höchstleistungen.

„Das Experiment Altstadt-Beisltest zeigt: Es ist durchaus möglich, auch im Zentrum der Stadt gepflegt zu biaschtln“

Das Experiment Altstadt-Beisltest zeigt: Es ist durchaus möglich, auch im Zentrum der Stadt gepflegt zu biaschtln. Es erfordert großen Mut, nicht wieder in alte Muster zu verfallen, und die Bereitschaft, konsequent die Todeszone Rudolfskai zu meiden, aber es ist machbar. Nichtsdestoweniger muss festgestellt werden, dass TschecherantInnen in den einschlägigen Etablissements der ArbeiterInnenbezirke hundertmal sympathischer sind. Jene Originale, die man aus diversen Spira-Filmen kennt, findet man nur dort; die interessanten und tragikomischen Lebensgeschichten, derentwegen man die Mühen eines Beisltests überhaupt erst auf sich nimmt, hört man nur von ihnen.

Wie immer erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Über Anregungen und Geheimtipps für zukünftige Sauftouren freut sich die Redaktion sehr (presse@oeh-salzburg.at).

Prost!

Disclaimer: Der Test wurde in unserer Freizeit durchgeführt, dadurch keine Studierendeninteressenvertretungsarbeit vernachlässigt. Es wurden keine ÖH-Mittel aufgewendet. Es gab keinerlei finanzielle Zuwendungen seitens der Beisl-InhaberInnen.

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