Interessantes, Kurioses und Schockierendes aus alten Zeitungen, entdeckt und ausgegraben von Christoph Würflinger
Auch in den Hörsälen unserer ehrwürdigen Universität ist Gewalt ein Thema – meistens nur als Gegenstand der Forschung, manchmal aber auch praktisch angewandt. Bestes Beispiel: Der Auftritt eines russischen Pseudo-Wissenschaftlers im Haus für Gesellschaftswissenschaften am Rudolfskai im Jahre 2001:
Salzburger Universität bietet braunen Mythen ein Forum („Kurier“ vom 18. Mai 2001)
Umstrittener Hobby-Historiker hält Vortrag
Ausgerechnet im größten Hörsaal der Geisteswissenschaft der Universität Salzburg wird am Montag ein Liebkind des politisch äußerst rechten Flügels einen Vortrag halten. Viktor Suworow, einst sowjetischer KGB-Agent, ist Aushängeschild revisionistischer Unterhaltungsliteratur. Seine These vom Präventivschlag der Nazi-Armee gegen Russland lieben alle jene, die die Verbrechen der deutschen Wehrmacht relativieren: Hitler sei kein böser Mann gewesen, er habe vielmehr mit seinem Überfall im Osten Stalins Pläne durchkreuzt, Europa zu unterjochen. „Dabei wird Hitlers Programm, das Millionen Opfer forderte, negiert“, kritisiert der Historiker Albert Lichtblau.
Hinter der Einladung des umstrittenen Autors, der bevorzugt in rechtsradikalen Druckwerken zitiert wird und erstmals in Österreich auftreten will, steht Reinhard Heinisch, Historiker an der Salzburger Uni. Unterstützt wird er vom Kameradschaftsbund und seinem Arbeitskreis „Kultur und objektive Geschichtsforschung“, von der Offiziersgesellschaft und vom Verein „Wehrgeschichtliches Museum“, dessen Präsident Verfassungsrechtler und VP-Landtagspräsident Helmut Schreiner ist.
Uni-Tumult um „Historiker“ („Der Standard“ vom 22. Mai 2001)
Prügelei bei Suworow-Vortrag
Bei einem Vortrag des russischen „Historikers“ Viktor Suworow kam es Montagabend an der Uni Salzburg zu tumultartigen Szenen. Sofort bei Vortragsbeginn protestierten etwa 20 Studierende. Sie verwiesen auf die problematischen Thesen von Suworow, der etwa den Angriff von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion 1941 als Präventivschlag darzustellen versucht. Suworow sei ein bekannter Liebling der Neonazi-Szene, hatte SPÖ-Landtagsabgeordneter David Brenner schon letzte Woche kritisiert. Die rund 200 Zuhörer reagierten mit Sprechchören. „Kommunisten raus“ war einer der Slogans, der von FPÖ-Funktionär Franz Spitzauer vorgegeben wurde. Aufgebrachte Zuhörer – darunter ein Bundesheerangehöriger in Uniform – attackierten die Protestierer mit Fäusten und Tritten.
Prügelei an der Salzburger Universität („Kurier“ vom 23. Mai 2001)
Fans eines rechten Hobby-Historikers gingen auf demonstrierende Studenten los
Zu rauen Szenen kam es Montagabend an der Salzburger Universität: Fans des rechtslastigen Hobby-Historikers Viktor Suworow gingen auf Demonstranten los und warfen sie aus dem Hörsaal. Es gab Verletzte.
Der ehemalige KGB-Agent Suworow ist Leitfigur der Revisionisten, die Hitlers Angriffskrieg auf Russland als Rettungsaktion vor dem Plan Stalins, Europa zu überrollen, interpretieren. Renommierte Historiker bezeichnen ihn als Geschichtsfälscher. Montagabend verbreitete Suworow in einem Hörsaal der Salzburger Universität erstmals in Österreich seine umstrittenen Thesen. Unterstützt hatten die Einladung untere anderem der Kameradschaftsbund, der Verein Wehrgeschichtliches Museum und die Offiziersgesellschaft. […] [Es kam] zum Konflikt. Studenten und eine Lehrbeauftragte des Geschichtsinstitutes betraten das Podium und hielten Schautafeln mit Fotografien aus der „Wehrmachtsausstellung“ in die Höhe. Mit Sprechchören und Trillerpfeifen versuchten sie den Vortrag verhindern. Dies wollten sich die rund 200 Zuhörer im Saal, vornehmlich Angehörige der Kriegsgeneration, nicht gefallen lassen. „Es kam zu einem größeren Tumult und zu Handgreiflichkeiten“ (Polizeibericht). Die Studenten wurden attackiert, ein Bundesheerangehöriger in Uniform schlug mit der Faust auf einen Demonstranten ein, was auf einem Amateur-Video dokumentiert ist. Ein Suworow-Anhänger benützte einen Sessel als Waffe. „Im Anschluss an diese Vorfälle wurden von mehreren Personen Anzeigen wegen Körperverletzung erstattet. Die Anzeigen werden an das Gericht weitergeleitet“, sagte Heinz Kitzmantel, Chef der Staatspolizei in Salzburg.
Soldat boxte („Salzburger Nachrichten“ vom 31. Mai 2001)
Nach den handgreiflichen Tumulten anlässlich des Vortrages des umstrittenen russischen Ex-Geheimdienstoffiziers Viktor Suworow an der Universität Salzburg untersuchen Bundesheer und Offiziersgesellschaft die Vorgänge vom 21. Mai.
Wie berichtet, hatten kurz nach Beginn des Vortrages Studenten das Podium besetzt und gegen den Vortrag protestiert. Mehrere Besucher gingen daraufhin auf die Demonstranten los. In der Videoaufzeichnung eines Studenten ist unter anderem zu sehen, wie ein Hauptmann des Bundesheeres ein Gespräch mit Besuchern unterbricht, auf einen Demonstranten zugeht und ihn von hinten vom Podium stößt. Es kommt zu einem Handgemenge, der Offizier greift erneut ein, stößt den Studenten zunächst nach hinten und verpasst ihm dann mit der rechten Faust einen Schlag. Im weiteren Verlauf ist mehrmals zu sehen, wie der Milizoffizier mit geballten Fäusten auf Demonstranten zugeht, bis sämtliche Protestierer vom Podium verschwunden sind.
Zwei Personen haben den Offizier wegen Körperverletzung angezeigt. „Wir untersuchen derzeit, ob gegen den Mann disziplinär vorzugehen ist“, sagt Erich Blaickner vom Militärkommando Salzburg. Der Strafrahmen reiche „vom Verweis bis zur unehrenhaften Entlassung“. Die Salzburger Offiziersgesellschaft wird in der nächsten Vorstandssitzung darüber beraten. Im Fall einer gerichtlichen Verurteilung entscheidet ein Schiedsgericht über den möglichen Ausschluss.
Milizoffizier droht Entlassung („Der Standard“ vom 1. Juni 2001)
Das Bundesheer prüft ein Disziplinarverfahren gegen den Milizoffizier Hauptmann Bernd Huber, ihm droht die unehrenhafte Entlassung. Huber war bei den durch aggressive Veranstaltungsbesucher ausgelösten Tumulten bei dem Auftritt des russischen „Historikers“ Viktor Suworow an vorderster Front dabei und attackierte mehrere Demonstranten, die gegen Suworows Auftritt an der Uni friedlich protestiert hatten. Er soll einen Studenten von hinten vom Podium gestoßen und mit Fäusten auf die Jugendlichen eingeschlagen haben. Gegen den Offizier liegen Anzeigen wegen Körperverletzung vor.
Reden über Polit-Prügel („Salzburger Nachrichten“ vom 13. Oktober 2001)
Die Anzeigen liegen bereits bei der Staatsanwaltschaft. Leichte Körperverletzung wirft die Polizei einigen Besuchern des Vortrags von Viktor Suworow vor. Als Studenten und Uni-Angehörige gegen den Auftritt protestierten, hatten sie diese geschlagen und aus dem Saal gedrängt. […]
Die Staatsanwaltschaft erhob vorerst nicht Anklage, sondern schickte die Beteiligten zum außergerichtlichen Tatausgleich. Dort soll versucht werden, eine Einigung zwischen den Konfliktparteien zu finden und so ein Gerichtsverfahren zu verhindern. Georg Zwinger vom Verein für Bewährungshilfe bestätigt, dass ein solches Verfahren läuft. „Die Beteiligten sollten sich ihre Motive erklären und zur Einsicht kommen, dass Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung ist“, sagt Zwinger. Außerdem gehe es auch um eine Entschuldigung der Täter an die Opfer.
Ob das Verfahren ein Erfolg wird, ist fraglich. Einer der Beteiligten ist ÖH-Vorsitzender Ralph Schallmeiner. Er wurde damals aus dem Saal gedrängt und erstattete Anzeige wegen Körperverletzung. Gegen ihn gibt es eine Anzeige wegen Störung einer Versammlung, ein Verwaltungsdelikt. „Ich bin jedenfalls, wie meine Kollegen, nicht bereit, die beiden Delikte gegeneinander aufzurechnen“, so der ÖH-Vorsitzende. Noch dazu, weil der Uni-Senat noch entscheiden wird, ob die Versammlung überhaupt richtig angemeldet war. Kommt es beim Tatausgleich zu keiner Einigung, dann wird wahrscheinlich das Gericht über die Vorfälle beim Suworow-Vortrag entscheiden.
Störenfriede freigesprochen („Kurier“ vom 26. September 2002)
Salzburger Uni-Tumult hat kein Nachspiel
Im Mai vergangenen Jahres hatten Studenten und Lehrbeauftragte mit Sprechchören und Trillerpfeifen gegen einen Vortrag in der Universität protestiert. Die Folge war eine Schlägerei. Fünf der Störenfriede mussten vor das Bezirksgericht, wo sie am Mittwoch freigesprochen wurden. „Es hat sich nicht um eine durch die Rechtsprechung geschützte Versammlung einer Partei oder eines Vereins gehandelt, sondern um einen Vortrag, bei dem freie Meinungsäußerung gegeben ist“, begründete Richter Martin Prokop sein Urteil.
Die Studenten hatten gegen die Thesen des selbst ernannten Historikers Viktor Suworow protestiert. Seiner Ansicht sei der Angriff auf die UdSSR im Sommer 1941 ein notwendiger Präventionskrieg gewesen. „Jemand, der durch Revisionismus Hitlers Angriffskrieg schönreden will, hat in der Uni Salzburg nichts verloren“, unterstützt auch Ralph Schallmeiner, ÖH-Vorsitzender, die freigesprochenen Studenten. „Unser einziger Kritikpunkt am Verfahren: Es wurde nicht geklärt, ob der Vortrag Suworows gegen das Verbotsgesetz verstößt.“