„Mit einer Behinderung wirst du NICHT gebraucht“ – Dieser Slogan prangte zentral auf den gelben Plakaten der Teaser-Kampagne. Zunächst ohne Hinweis auf Kontext oder Urheber*innenschaft. Es hagelte Kritik für den misslungen Merksatz. Nun entschied auch der Werberat: Die BILLA-Kampagne verstöße gegen den Ethik-Kodex. Mittlerweile wurde sie eingestellt. (Triggerwarnung!)
Von Hannah Wahl
Als im Oktober diesen Jahres die Plakate mit den diskriminierenden Slogans an stark frequentierten Orten auftauchen, war das Entsetzen groß: „Das, was Menschen ohnehin schon denken, wird bestätigt und brennt sich durch täglichen Sichtkontakt weiter ein. Keine Wendung kann so stark sein, um diese Aussagen zu neutralisieren“, stellte die Wiener Autorin Marlies Hübner klar, bevor sich BILLA zu erkennen gab. „In einer Zeit, in der die Grenzen des Sag- und Denkbaren immer weiter verschoben werden, ist eine über menschenverachtende Teaser funktionierende Werbekampagne, die nicht umgehend aufgelöst wird, keine gute Idee“, so Hübner. Christine Steger, Vorsitzende des Unabhängigen Monitoringausschusses, forderte den sofortigen Stopp der behinderungsfeindlichen Kampagne und Martin Ladstätter von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben sprach von einer „kalkulierten widerlichen Provokation“. Auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein rief via Twitter dazu auf, die Sujets zeitnah zu entfernen: „Es ist nicht im Sinne einer inklusiven, diversen Gesellschaft, auf diese Art und Weise Aufmerksamkeit zu erreichen. Wir brauchen noch viel mehr Sensibilisierung in Österreich, damit so etwas nicht passiert.“
Gut gemeint ist nicht gut gemacht
Neben den ableistischen Sujets fanden sich auch welche, die ältere Menschen oder Menschen ohne Matura diskriminieren: „Älteres Personal einstellen lohnt sich nicht mehr“. In einer zweiten Phase sollten diese Vorurteile entkräftet werden – diese wurde mittlerweile vorgezogen. „Mit einer Behinderung wirst du gebraucht“, steht jetzt auf dem T-Shirt eines Mitarbeiters mit Behinderungen.: „Es war in keinster Weise unsere Intention, Menschen mit Behinderungen zu diffamieren. Mit unserer Teaser-Kampagne haben wir bewusst Vorurteile thematisiert, die ungerecht, diskriminierend sind und wütend machen. Durch diese Irritation lenken wir bewusst auf die aktuelle Arbeitsplatzsituation von Menschen mit Behinderungen“, antwortete BILLA auf die Kritik.
Werberat: Verletzung des Ethik-Kodex
Nach massiver Kritik und zahlreichen Beschwerden an den Werberat hat sich dieser mit der Plakatkampagne von BILLA auseinandergesetzt und einen Verstoß festgestellt. Die getätigten diskriminierenden Aussagen könnten für Menschen mit Behinderungen re-traumatisierend wirken, die Zweitsujets würden zudem von manchen Rezepient*innen nicht mehr wahrgenommen werden.
Jetzt ist schon wieder etwas passiert
Es ist leider nicht das erste mal, dass ein großer Konzern mit einer Werbekampagne gänzlich daneben greift und sich ungewollt daran beteiligt, vorhandene Vorurteile gegen Menschen mit Behinderungen zu verstärken. Obwohl viel Geld in eine breit angelegte Werbekampagne in zwei Phasen investiert wird, scheint das notwendige Bewusstsein zu fehlen, deren Wirkung, besonders auf marginalisierte Gruppen, einzuschätzen. Aus diesem Grund fordern Menschen mit Behinderungen vehement eine ernstzunehmende Einbindungen von Expert*innen in eigener Sache. Ohne diese wurde aus der gut gemeinten Werbeidee ein ungewolltes Negativbeispiel für Teaser-Kampagnen.