Fortgehen abseits des studentischen Mainstreams
Teil 1 – Andräviertel
Rudolfskai, Gstättengasse, Bergstraße oder Imbergstraße – das sind die Topadressen des Salzburger Nachtlebens. Topadressen? Wirklich? Wir haben uns schick gemacht und für euch Lokale abseits des studentischen Nachtlebens getestet, damit ihr ein Refugium findet, wenn euch die Segabar zu fad wird.
Es gibt sie, die Perlen der Nacht.
Zugegeben, wer schon ein paar Jährchen in Salzburg wohnt, kennt wohl bereits alle Etablissements in oben genannten Straßen in- und auswendig. Das (wöchentliche) Fortgehen wird zusehends fader – im Zweifel bleibt man zuhause. Doch es gibt sie, die Perlen der Nacht. Lokale, die nicht zum Bersten voll sind, wo die Musik nicht so laut ist, man sich noch unterhalten kann und das Publikum einer bunt-durchmischten Milieustudie gleicht – auch in der Festspielstadt. Die uni:press-Redaktion machte sich deshalb gemeinsam mit treuen LeserInnen – den Servicecharakter der uni:press hochhaltend – auf, um euch in eurer Abendgestaltung mit neuen Ideen zu versorgen.
Aber nicht nur am Informieren ist uns gelegen. Wie unlängst der Psychologe Robin Dunbar von der Oxford University belegte, tragen (moderate) Beislbesuche mit FreundInnen zur seelischen Gesundheit bei, beugen Depressionen vor und helfen beim „Social Bonding“ bzw. bei der Bildung von Sozialkapital.[1]
Abseits von Irish-Pubs, Hipsterlokalen und Segabars
Grund genug, uns für euch verdeckt in das Salzburger Nachtleben abseits von Irish-Pubs, Hipsterlokalen und Segabars zu stürzen, um Horizonte zu erweitern und neue Fixpunkte auf die Landkarten des studentischen Nachtlebens zu setzen. Die Regeln, die auch für die zukünftigen Beisltests Gültigkeit haben, sind simpel: ein Bier und einen Schnaps pro Beisl, danach wird kompromisslos weitergezogen.
Heurigenfaßl
Eine Mischung aus Wurzeln, Weihnachts- und Osterdekoration begrüßt den Gast im Heurigenfaßl, einem eher rustikalen, aber charmanten Beisl in der Haydngasse. Das Personal ist sehr freundlich und engagiert. Die verhältnismäßig niedrigen Getränkepreise, die gute Lage sowie die entspannte Stimmung machen das Faßl zu einem idealen Studierendenbeisl. Auch ältere Stammgäste sind sich nicht zu schade, desillusionierten Studierenden Lebensweisheiten à la „Des griagst scho wieda in Griff!“ mit auf den Weg zu geben. Zur musikalischen Untermauerung läuft Antenne Salzburg unaufdringlich im Hintergrund, zumindest solange keine nervige Werbung dazwischenfunkt. Österreichische Traditionen werden im Faßl hochgehalten – so auch beim NichtraucherInnenschutz: an der Bar ist Rauchen erlaubt, ein mehr oder weniger abgegrenztes Stüberl bleibt rauchfrei. Für Spiel und Spaß sorgt eine Dartscheibe, Kulinarisch-Gutbürgerliches scheint es auch zu geben und sanitäre Einrichtungen sind vorhanden.
Joe’s Garage
Überraschung des Abends war ganz klar Joe’s Autoschuppen in der Schrannengasse. Keine/r von uns hatte dieses kleine Beisl auf dem Schirm. Zugegeben: ein riesen Versäumnis. Eigentlich nur bis 21:00 geöffnet, macht Joe (der Besitzer) keinen Hehl daraus, dass das bloß als Richtwert gilt. Vor Neun aufzutauchen zahlt sich dennoch aus, will man nicht vor verschlossenen Türen stehen. Joe bietet eine breite Palette an verschiedenen Bieren und Schnäpsen an. Auch diverse Weine soll es geben. Kulinarisch kamen wir unvermittelt in den Genuss von Joe’s hausgemachten, Vakuum-gegarten Schweinsbraten mit Kartoffeln und Brot – deliziös. Musikalisch liegt der Fokus offenkundig auf deutschem Schlager, jedoch ist Joe offen für Neues und lässt sich dies auch gerne über Youtube am Flachbildschirm vorführen. So kann jede/r ein bisschen DJ/ane spielen und Joe erweist sich als geduldiger Zuhörer. Als großer BVB-Fan zeigt Joe bei Schweinsbraten und allerhand preiswerten Getränken jegliche Fußballspiele auf zwei Großbildfernsehern. Seine Gastfreundschaft wurde den Beisltouristen allerdings zum Verhängnis: Ganze vier Stunden dauerte der Aufenthalt, ein ganz klarer Regelbruch.
Drums
Das kleine, verrauchte, in der Franz-Josef-Straße gelegene Drums scheint wohl eher nicht so ganz was für Studierende zu sein. Die Preise sind dort schon etwas höher und richten sich – nach ausgiebigem Lokalaugenschein – eher an Damen und Herren mittleren Alters mit gefestigten (höheren) Einkommen, die unter ihresgleichen bleiben wollen. Dementsprechend fühlten wir uns dort nicht recht willkommen. Aber auch Rückschläge müssen von Beisltouristen hingenommen werden. Nichtsdestotrotz wurde ein Bier und ein Schnaps konsumiert, die Toiletten getestet und versucht, mit dem desinteressierten Barmann zu kommunizieren.
Mirjam’s Pub
In der Schallmooser Hauptstraße befindet sich das legendäre Mirjam’s Pub. Viele Mythen und Geschichten ranken sich um das kultige Beisl und das – wie wir während unseres Lokalaugenscheins feststellten – durchaus zu Recht. Streits werden hier noch handfest gelöst und dann bei einem Bier verarbeitet. Wir stritten zwar nicht, testeten aber ebenfalls den Gerstensaft und ein Stamperl Gebranntes. Gezeichnet vom langen Abend musste eine kleine Stärkung sein. Zum Glück fährt Manfred kulinarisch das volle Programm: Schmankerl vom Käsebrot, über Essigurkerl, bis zur original italienischen Pizza werden feilgeboten. Wir testeten das Käsebrot, Fazit: top! Mit seinen ausgedehnten und durchaus variablen Öffnungszeiten ist das Mirjam’s auch der ideale Ort für ein kultiviertes Gläschen zur späteren Stunde. Preislich bewegt sich das Mirjam’s im normalen Segment, das Rauchen ist erlaubt, ein paar Spielautomaten bieten Zerstreuung und die Sanitäranlagen sind ok.
Selbstverständlich erheben wir keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Beisltouristen in spe seien hiermit vorgewarnt: Selbstauferlegte Begrenzungen der Aufenthaltsdauer sind unbedingt ernst zu nehmen, sonst wird aus einer Tour durch zwei Stadtteile mit zehn Beisln ganz schnell nur ein Stadtteil mit vier abgehakten Lokalen.
Über Anregungen und Geheimtipps für Zukünftiges freut sich übrigens die Redaktion unter presse@oeh-salzburg.at
Prost!
Disclaimer: Der Test wurde in unserer Freizeit durchgeführt, dadurch keine Studierendeninteressenvertretungsarbeit vernachlässigt. Es wurden keine ÖH-Mittel aufgewendet. Es gab keinerlei finanzielle Zuwendungen seitens der Beisl-InhaberInnen.