Skip to main content

Es war eine schier endlose Odyssee: die Suche nach einem neuen Rektor für die Universität Salzburg. Der Geologe Bernhard Fügenschuh leitet seit dem 1. Oktober 2024 die Geschicke der Uni von der Kapitelgasse aus.

Das Interview führten Karolin Mayer & David Mehlhart.

uni:press

Wir würden gerne anfangen mit einer ganz kurzen Selbstvorstellung, dass Sie vielleicht sagen, wer Sie überhaupt sind, wo Sie herkommen und was Sie an der PLUS machen?

Bernhard Fügenschuh:

Geboren und aufgewachsen bin ich in Innsbruck. Dort habe ich die Schule und das Studium – damals noch Diplomstudium – absolviert. Zunächst habe ich mit Germanistik und Sport begonnen, dann aber zu den Erdwissenschaften gewechselt und Geologie und Mineralogie studiert. Für die Dissertation bin ich nach Zürich gegangen, die Post-Doc-Phase habe ich in Zürich und Basel absolviert. Bis zum Ruf auf eine Professur für Strukturgeologie und Geodynamik an der Uni Innsbruck war ich Oberassistent in Basel. 

uni:press

Wie kommt man zuerst von Germanistik und Sport zu so einem doch sehr gegensätzlichen Fach?

B.F.

Durch Zufall eigentlich – weil ich nach dem Ausflug in die Germanistik und den Sport gearbeitet habe und bei der Arbeit einen Geologen kennenlernte. Dieser hat mir vom Geologie-Studium erzählt, und ich dachte mir: das klingt spannend!

uni:press

Das heißt, den Gedanken davor, Geologie zu studieren, hatten Sie noch gar nicht unbedingt?

B.F.

Nein, diesen Gedanken hat eigentlich fast niemand, einfach deshalb, weil Geologie kein Schulfach ist. Die Themen der Geologie sind subsumiert in den Fächern Biologie und Geografie, daher hat man als Schüler kaum ein Bewusstsein für das Fach Geologie. Über den Arbeitskollegen, der damals eine geologische Forschungsabteilung geleitet hat, bekam ich Einblick in das Geologie-Studium. Das Schöne war, dass es mich wirklich vom ersten Tag an fasziniert hat. An die erste Vorlesung kann ich mich besonders gut erinnern: Unser Professor hat in dieser Einführungsvorlesung gesagt, dass der Ozeanboden sehr jung sei, also nur rund 160 Millionen Jahre alt. Das fand ich spannend – ich hatte noch nie davon gehört, dass das sehr jung ist. 

uni:press

In der Vorbereitung für das Interview habe ich ein Video von einem Science Slam von 2018 gefunden, wo Sie sehr enthusiastisch mit Styroporplatten die Plattentektonik erklären. Und da habe ich mich dann gefragt, warum Sie, wenn Sie so viel Spaß an der Lehre haben, den Schritt in die Selbstverwaltung der Uni machen. Sie waren in Innsbruck im Senat, Sie waren dann später Vize-Rektor für die Lehre und jetzt Rektor der Uni Salzburg. Was hat Sie also dazu bewogen, diesen Schritt, weg von der aktiven Forschung und Lehre, in die Verwaltung zu gehen?

B.F.

Ganz einfach gesagt: Weil sich mir diese Möglichkeiten geboten haben! Die Entwicklung vom Institutsleiter zum Senatsmitglied verlief relativ linear. Die Aufgaben, die ich in der Verwaltung übernommen habe, habe ich immer als Service für die Universität verstanden, man kann an diesen Stellen sehr Vieles bewegen.
Natürlich war ich auch weiterhin in der Lehre aktiv. Schließlich bot sich mir die Möglichkeit des Vize-Rektorats für die Lehre. Wieder hatte ich es mit Lehre zu tun – aber jetzt aus einer ganz anderen Perspektive – und wieder hat es mir wahnsinnig viel Freude gemacht. Das tut es nach wie vor, auch in meiner neuen Funktion als Rektor. 

Das Spannende an einer Volluniversität wie die Uni Salzburg ist die große Bandbreite an Fächern. Man setzt sich mit ganz unterschiedlichen Themen, Inhalten und Methoden auseinander. Dabei muss man zwangsläufig immer auch ein wenig an der Oberfläche bleiben, denn alles, was man aus den Fächern sieht und hört, ganz genau zu durchdringen, ist nicht immer möglich. Aber es fasziniert mich immer wieder! Vor allem reizt mich die Frage: Wie kann das alles gut zusammenspielen? Welche Unterstützungsmöglichkeiten curricularer Natur gibt es? 

Außerdem versuche ich immer auch, die Dinge aus der Sicht der Studierenden zu betrachten. Dabei leitet mich die Frage: Was nützt den Studierenden? Was ist nicht nur gut für uns Lehrende – sondern vor allem auch für unsere Studierenden? Wie erleben die Studierenden ihr Studium, ihr Fach, die Lehre? Wie können sie sich so organisieren, dass sie gut zum Studienabschluss kommen und sich dabei ihre Begeisterung bewahren?

uni:press

Im Interview mit den Salzburger Nachrichten haben Sie positiv bemerkt, dass die Uni Salzburg eine Volluniversität ist, mit der großen Bandbreite von den klassischen Buch- und Geisteswissenschaften bis hin zu den Naturwissenschaften. Warum haben Sie sich dann eigentlich für die Uni Salzburg entschieden? Weil das Bild der Uni in den letzten Jahren hinsichtlich der Rektorenfrage alles andere als positiv war. Dass man dann sagt, ich nehme die Aufgabe an, obwohl man nicht weiß, wie es ausgeht.

B.F.

Es hat schon auch damit zu tun, dass ich gefragt wurde, ob ich mich bewerben möchte. Ich habe darüber nachgedacht – und natürlich gilt es, Pro und Contra sorgfältig abzuwägen. Nach der familieninternen Abklärung – unser Sohn geht noch in die Schule – hat sich gezeigt: Ja, das könnte durchaus eine sehr spannende Aufgabe sein. Natürlich hilft mir auch meine langjährige Erfahrung als Vizerektor und ich profitiere davon, dass ich den „Kosmos Universität“ aus ganz unterschiedlichen Perspektiven kennenlernen durfte.

Ich habe nur über die Medien mitbekommen, was da in Salzburg vielleicht gewesen ist. Tiefer ergründet habe ich es nicht. Universitäten sind Mikroorganismen, die nach ihren eigenen inneren Gesetzen funktionieren. Diese inneruniversitären Entwicklungen kann man aus der Distanz eigentlich kaum beurteilen. In der Bewerbungsphase dachte ich mir: Ja, dann biete ich mich an. Und wenn das gewünscht ist, ist es gut so. Wenn nicht, dann passt’s auch.

uni:press

Es wurde weniger die inhaltliche Schwerpunktsetzung von Hendrik Lehnert kritisiert als seine Art der Kommunikation gegenüber den Fakultäten und dem Personal.  Man muss in diesem Mikrokosmos Uni sehr viele Interessen ausgleichen; sehr viele Interessen unter einen Hut bringen. Wie würden Sie da Ihren bisherigen Stil beschreiben?  Wie arbeiten Sie im Kontakt mit den Kollegen und Kolleginnen?

Natürlich hilft mir auch meine langjährige Erfahrung als Vizerektor und ich profitiere davon, dass ich den „Kosmos Universität“ aus ganz unterschiedlichen Perspektiven kennenlernen durfte.

Rektor Bernhard Fügenschuh

B.F.

Ich habe versucht, das in meiner Inaugurationsrede zu thematisieren. Erstens einmal bin ich gern mit Menschen zusammen. Ich schätze unterschiedliche Meinungen und Perspektiven sehr – und finde es unglaublich spannend, sich über gegensätzliche Ansichten und Auffassungen auszutauschen. Oft gilt es einfach, gute Kompromisse zu finden. Das ist für mich das Prinzip einer Demokratie. Universitäten sind demokratische Einrichtungen – trotz des Universitätsgesetzes. Man kann es umsetzen, es leben und unter diesen Rahmenbedingungen dennoch Impulse setzen, Entwicklungen anstoßen und die Universität weiterbringen. Auch das finde ich sehr reizvoll. Es ist zwar manchmal ein bisschen anstrengender, weil man gelegentlich die eine oder andere Schleife mehr ziehen muss, aber irgendwie geht es dann schon.

uni:press

Sie haben in den Interviews, die wir gelesen haben, immer sehr stark dieses gemeinschaftliche Entwickeln von Ideen und Lösungswegen thematisiert. Wie würden Sie Ihre Rolle in diesem Prozess im Vergleich zu den anderen Ämtern im Rektorat beschreiben?  Also welche Rolle spielt da die Führungspersönlichkeit des Rektors und welche Stellung hat Autorität für Sie im Amt?

B.F.

Es ist sicher so, dass ich mir einfach gerne Ideen anhöre, genauso wie ich selbst gerne Ideen einbringe. In meiner Rolle als Rektor ist das Besondere natürlich, dass ich die Letztentscheidung haben darf. Wenn sich ein Thema verdichtet und es gibt ein A, ein B und ein C, dann ist es meine Aufgabe, einen bestimmten Lösungsweg im Sinne der Universität zu wählen. Wenn man dann seine Gründe plausibel darlegt und gut argumentieren kann, warum eine bestimmte Entscheidung letztendlich die richtige ist, dann nimmt man auch die Leute mit. Ich sehe es grundsätzlich als meine Aufgabe an, eine Stimmung zu generieren, in der man Argumente offen austauschen, aber eben auch Begeisterung wecken kann.

uni:press

Uns ist durch ÖH-Kolleg*innen und dem Vorsitz-Team bekannt geworden, dass Sie regelmäßige Treffen abhalten wollen und dass Sie da diesen Austausch sehr schätzen. Was erhoffen Sie sich, wenn Sie mit den Studierenden über die ÖH in Austausch treten?

B.F.

Wie gesagt, das ist ja das Typische einer Uni: Es ist keine reine Forschungseinrichtung, sondern die Forschung wird in die Lehre übertragen. Wir haben hier Studierende und bilden die nächste Generation aus. Unsere Aufgabe muss es sein, die nächste Generation noch gescheiter zu machen, als wir es sind. Sonst macht das Ganze überhaupt keinen Sinn.

Bernhard Fügenshuh blickt den neuen Herausforderungen entschlossen entgegen (© Universität Salzburg)

uni:press

Das ist sehr schön auf den Punkt gebracht. Sie haben Ideen geäußert, zum Beispiel mehr in die Regionen zu gehen. Wie stellen Sie sich das dann konkret vor? Wie könnte man – es wird immer das Schlagwort Sichtbarkeit bemüht – Menschen die Uni näherbringen, die nicht studieren oder Universität nicht direkt auf dem Schirm haben?

B.F.

Ich habe für mich schon feststellen dürfen, dass es hier wirklich sehr schön ist in Salzburg. Ein Vorteil ist auch, dass hier das Land und die Stadt gleich heißen – damit ist die Uni Salzburg automatisch die Uni der Stadt und des Landes. Das ist in Tirol und Innsbruck anders. Wichtig ist, wie wir mit diesem Vorteil umgehen: Wie gehen wir nach außen? Wir haben sehr, sehr viele schöne und spannende Formate, die ganz unterschiedliche Generationen ansprechen. Denken Sie an die KinderUNI oder auch die Tage der offenen Tür. Wir laden immer wieder zu uns ein und können mit unseren Angeboten ganz unterschiedliche Zielgruppen adressieren. 

Allerdings müssen wir uns auch die Frage stellen: Erreichen wir mit unseren Formaten wirklich alle? Am Tag der offenen Tür zum Beispiel kommen diejenigen an die Universität, die sich ohnehin für ein Studium interessieren. Viele andere erreichen wir aber eben nicht. Deswegen braucht es Formate, in denen wir out of the box arbeiten und dorthin gehen, wo es „weh tut“. Wo wir unerwartete Settings, Situationen und Begegnungen herbeiführen können. Und das mit einer Haltung, in der wir nicht die Welt erklären, sondern vor allem erst einmal auch zuhören. Wir wollen hören: Was passiert da vor Ort in der Region? Was bekümmert die Menschen? Die Dinge sind dort oft – das muss man ehrlich sagen – anders. Das zeigen uns aktuell auch die Wahlergebnisse. Es gibt durchaus große und bemerkenswerte Unterschiede zwischen Stadt und Land. Hier müssen wir uns als Uni fragen: Wie vermitteln wir überzeugend, dass Wissenschaft uns allen guttut, und dass Forschung allen etwas bringt, auch denen, die nicht ganz nah dran sind. Wechselseitige Wertschätzung und gegenseitiges Zuhören – das halte ich in diesem Kontext für extrem wichtig. 

Seiten: 1 2

Hinterlasse ein Kommentar

Skip to content