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Der Betreuer meiner Doktorarbeit, ein Professor an der Uni Salzburg, kündigte mir Anfang Dezember 2023 überraschend die Zusammenarbeit. Im Gespräch, das zur Beendigung des Betreuungsverhältnisses führte, diskriminierte jener Professor mich als chronisch kranke Studierende mehrmals. Mit diesem Diskriminierungsfall wandte ich mich über ein dreiviertel Jahr lang an diverse zuständige Instanzen der Uni Salzburg1 bis zu Interimsrektor Weichbold – erfolglos. Für meinen ehemaligen Betreuer hat sein Verhalten keinerlei personelle Konsequenzen. Mein Fall soll hiermit aufzeigen, wie das System der Uni Salzburg jenen Professor lückenlos schützt und so beim Schutz meiner Person grenzenlos versagt.  

Ich bin chronisch krank. Daher brauche ich kognitiv u. a. für die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Inhalten mehr Zeit als andere. Meine Erkrankung ist meinem ehemaligen Betreuer, im Folgenden Betreuer genannt, seit Beginn meines Doktorats Anfang 2023 bekannt. Dennoch warf er mir bereits im Dezember 2023 mein langsames Vorankommen im Studium vor – hier die Highlights seiner Entgleisungen: ich war im Sommer 2023 drei Monate im Krankenstand. Anstatt dies zu berücksichtigen, setzte mein Betreuer mich damit unter Druck, dass ich bei meiner Disposition seit meiner Rückkehr aus dem Krankenstand zu langsam vorankäme. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das mit ihm neu vereinbarte Dissertationsthema erst knapp drei Monate bearbeitet, krankheitsbedingt mit entsprechenden Pausen. Dennoch bedrängte mein Betreuer mich mit der Frage: „Wie lange willst du denn eigentlich für die Doktorarbeit brauchen? Fünf Jahre? Oder zehn?“ Zum Vergleich schloss ein:e Doktorand:in mit wissenschaftlicher Anstellung bei meinem Betreuer das eigentlich vierjährige Doktorat erst nach ein paar weiteren Jahren ab – was kein Problem darstellte. Mir steht ein Nachteilsausgleich zu, mit dem ich das Recht auf mehr Zeit im Studium habe. Außerdem war ich nie bei meinem Betreuer angestellt, sondern studiere aus rein persönlichem Interesse. Jedoch lachte mich mein Betreuer deswegen bereits bei meiner ursprünglichen Erkundigung nach seiner Doktoratsbetreuung aus und verhöhnte mich mit der Frage, wofür ich denn jetzt noch eine Doktorarbeit bräuchte. Darüber hinaus rechnete mein Betreuer statistisch hoch, dass meine bisherige Leistung einen Doktoratsabschluss unmöglich macht. Auf meinen Einwand hin, ich wäre zwar langsam, könnte das Doktorat aber, den gesundheitlichen Möglichkeiten nach zu urteilen, sehr wohl abschließen, würdigte mich mein Betreuer sarkastisch herab: „Ach, kannst du jetzt in die Zukunft schauen?“ Mein Betreuer ist kein Arzt, folglich hat er jede Einschätzung meiner Leistungsfähigkeit und meines Gesundheitszustandes strikt zu unterlassen. Seine diskriminierenden, unqualifizierten Hochrechnungen vermögen niemals in meine Zukunft zu schauen. Mein Angebot eines ärztlichen Nachweises für seinen Betreuungszeitraum wies mein Betreuer mit der Frage, was er damit überhaupt machen sollte, abwertend und brüsk zurück. Zudem fand das Gespräch im Büro meines Betreuers bei geöffneter Tür statt. Leute in Büronähe konnten so womöglich mitanhören, wie mein Betreuer mich wiederholt diskriminierte und mir daraufhin die Betreuung kündigte. Eine weitere Zusammenarbeit war daraufhin für beide Seiten ausgeschlossen. 

Erfolglos wandte ich mich mit diesem Diskriminierungsfall neun Monate lang an diverse zuständige Instanzen der Uni Salzburg. Dieses zermürbende Prozedere war für mich psychisch höchst belastend. Der Disability-Abteilung des Interimsrektors legte ich von Mitte Dezember 2023 bis Ende Februar 2024 wiederholt den Diskriminierungsfall dar. Alarmierend fand ich bereits hier, dass die Abteilung keine konkrete Vorgehensweise gegen Diskriminierungsfälle hat. Stattdessen sucht man für jeden Einzelfall „einen individuellen Weg, mit dem beide Seiten leben können“.  

Erfolglos wandte ich mich mit diesem Diskriminierungsfall neun Monate lang an diverse zuständige Instanzen der Uni Salzburg. Dieses zermürbende Prozedere war für mich psychisch höchst belastend

Die Abteilung führte lediglich ein „generisches Gespräch“ mit meinem Betreuer. Sein diskriminierendes Verhalten mir gegenüber thematisierte die Abteilung dabei lt. eigenen Angaben jedoch nicht – genau das aber, und gegen die Diskriminierung vorzugehen, war die Aufgabe der Abteilung. Ihre frühere Aussage, in meinem Diskriminierungsfall läge klarer Handlungsbedarf vor, widerrief die Abteilung später: mit den Ausflüchten, meine Aussage stünde gegen die meines Betreuers – ich hätte keine Beweise für dessen Diskriminierung meiner Person – enthob sich die Abteilung ihrer unbedingten Verantwortung, dem Diskriminierungsfall, ungeachtet der Beweislage, konsequent nachzugehen, und unternahm somit nichts.  

Angesichts der Untätigkeit der Disability-Abteilung des Interimsrektors legte ich auch dem Arbeitskreis für Gleichberechtigung (AKG) der Uni Salzburg den Diskriminierungsfall Anfang März 2024 genau dar. Mitte März bekam ich die Rückmeldung, dass der AKG den zuständigen Fachbereichsleiter um ein Gespräch mit meinem Betreuer bzgl. der Diskriminierung gebeten hätte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch den Interimsrektor bereits schriftlich detailliert über meinen Fall informiert. Doch auch dieser zeigte sich gänzlich handlungsunwillig. Unisono mit seiner Disability-Abteilung – ich hätte für die Diskriminierung keine Beweise – enthob er sich ebenfalls seiner Verantwortung, gegen diese unbedingt vorzugehen. Aufgrund dieses erneut sehr schweren Rückschlags bezog ich die ÖH und das ÖH-Disability-Referat der Uni Salzburg mit ein, die mir Ende März ein zeitnahes Treffen mit ihnen und dem Interimsrektor ermöglichten. Letzterer sagte dabei zu, mit meinem Betreuer und dessen Fachbereichsleiter zu sprechen. Der Interimsrektor wusste zu diesem Zeitpunkt sehr wohl, dass das Verhalten meines Betreuers primär weiblichen Universitätsangehörigen gegenüber in anders gelagerten Fällen bereits aktenkundig war. Dennoch blieb der Interimsrektor in meinem Fall nach seinem Gespräch mit meinem Betreuer weiterhin untätig. Somit hält sich mein Betreuer, mit Rückendeckung der obersten Stelle der Uni Salzburg, völlig schadlos.  

In der Zwischenzeit ließ auch der AKG meinen Fall völlig versanden. Wie erwähnt hatte der AKG Mitte März den zuständigen Fachbereichsleiter um ein Gespräch mit meinem Betreuer gebeten. Auf meine Nachfrage beim AKG diesbezüglich Ende Mai antwortete dieser erst Ende August, dass er erst jetzt erneut beim Fachbereichsleiter wegen des Gesprächs nachgefragt hätte. Somit herrschte zwischen Mitte März und Ende August sowohl beim AKG als auch beim Fachbereichsleiter blanke Untätigkeit. Erst Anfang September führte der Fachbereichsleiter das Gespräch mit meinem Betreuer, die Rückmeldung darüber traf mich erneut schwer: der AKG und der Fachbereichsleiter sind sich einig, dass „letztlich kein Fall von Diskriminierung vorliegt“.  

Über die Tatsache, dass ich chronisch krank bin, und über alle Details des Diskriminierungsfalls hatte ich alle Instanzen informiert. Dennoch ist völlig unklar, inwieweit der AKG, der Interimsrektor und seine Disability-Abteilung meinen Betreuer überhaupt mit seinem diskriminierenden Verhalten mir gegenüber konfrontierten. Keine dieser Instanzen bestand offenbar auf einer klaren Stellungnahme meines Betreuers bzgl. seiner Diskriminierung mir gegenüber. Stattdessen nickten alle Instanzen die wenig wissenschaftliche Aussage meines Betreuers ab, dass er mein zuvor gutgeheißenes Dissertationsthema nun doch nicht für dissertationswürdig hielt und deshalb die Betreuung beendete. Somit versagten alle Instanzen gänzlich in ihrer eigentlichen Aufgabe, gegen das diskriminierende Verhalten meines Betreuers tätig zu werden. 

Keine dieser Instanzen bestand offenbar auf einer kla­ ren Stellungnahme meines Betreuers bzgl. sei­ ner Diskriminierung mir gegenüber. Stattdessen nickten alle Instanzen die wenig wissenschaftli­ che Aussage meines Betreuers ab, dass er mein zuvor gutgeheißenes Dissertationsthema nun doch nicht für dissertationswürdig hielt und des­ halb die Betreuung beendete

Der Unwilligkeit der involvierten Instanzen, entschieden gegen diese Diskriminierung vorzugehen, liegt dem System der Uni Salzburg in zugrunde: diese hat nie eine/n unabhängige/n Ombudsmann/frau berufen, der/die, ungeachtet der Beweislage, Diskriminierungsfällen vorbehaltlos nachgehen könnte. Ebenso wenig hat die Uni Salzburg, im Gegensatz zu anderen österreichischen Universitäten, jemals einen Code of Conduct implementiert, der eine klare Vorgehensweise in Diskriminierungsfällen inkl. dienstrechtlicher Konsequenzen vorgibt. Daher kann sich mein Betreuer, gegenüber allen Instanzen, nach Belieben aus der Affäre ziehen. Mit dem bewussten Verzicht auf eine/n Ombudsmann/frau und einen Code of Conduct stellte sich die Uni Salzburg selbst den Freibrief aus, in meinem Fall untätig zu bleiben, da ich die Diskriminierung nicht beweisen kann. Mir ist jedoch ein Unrecht geschehen, das, ungeachtet der Beweislage, lückenlos aufgearbeitet werden muss. Das aber ist bis heute nicht geschehen. Der Umgang mit meinem Fall legt das System der Uni Salzburg offen, das sehenden Auges den diskriminierenden Professor lückenlos schützt und somit beim Schutz meiner Person schändlich versagt. Der neue Rektor hat es nun in der Hand, diesem unhaltbaren System endlich abzusagen und zu entscheiden, wofür die Uni Salzburg künftig steht: für ein konsequentes Vorgehen gegen jede Art von Diskriminierung oder für einen weitere Verschleierung dieser.  

Als chronisch kranke Person stehe ich oft vor besonderen Herausforderungen, die viele gesunde Menschen oft nur schwer nachvollziehen können. Trotz meiner gesundheitlichen Beeinträchtigung habe ich den Mut nicht verloren. Die beschriebenen Ereignisse haben mein Vertrauen in die Uni Salzburg gänzlich erschüttert. Dass mein Betreuer mich wiederholt diskriminierte und damit völlig ungeschoren davonkommt, hat mich nicht nur als Akademikerin, sondern auch als Mensch tief getroffen. Die Uni Salzburg muss endlich ein Ort werden, an dem sich alle Studierenden respektiert und sicher fühlen können. Respektiert und ernst genommen fühle ich mich mit meinem Fall nur von der ÖH und dem ÖH Disability-Referat. Sie unterstützen mich seit einem halben Jahr und haben mir die Veröffentlichung dieses Artikels ermöglicht. Für ihr Engagement möchte ich mich hiermit bedanken.  
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1: Ausdrücklich ausgenommen sind hier die unabhängige ÖH und
das ÖH-Disability-Referat, nicht jedoch die Disability-Abteilung des Interimsrektors.

Anm.d.Red.: Der Name der Verfasserin bzw. des Verfassers ist der Redaktion bekannt. Auf Wunsch wurde der Text anonym veröffentlicht.

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