Dank einer chronisch alternden Bevölkerung kennt Salzburg nichts anderes als klassische Musik und Mozart. Die Festspielwohnung in der Altstadt wird nur saisonal besucht, ansonsten gehört die Stadt den Tourist:innen. Es scheint, als machten Reiche Politik für Reiche. Für Studierende gibt es in der Mozartstadt ein mangelhaftes Kulturangebot, die Jugendszene wird an den Stadtrand hinausgedrängt oder gar nicht beachtet.
Von Viktoria Bell
Salzburg. Hier wird trotz Wohnungsnot mit leerstehenden Wohnungen spekuliert, sodass die Mietpreise in der gesamten Stadt in die Höhe getrieben werden. Eine Mietpreisbremse liegt immer noch in weiter Ferne bei einer Regierung von Reichen für Reiche. Die Salzburg AG steckte in der Krise Rekordgewinne ein, während man kurzerhand überlegte, den Schulen und Kindergärten zum Energiesparen das Warmwasser abzudrehen. Mit seinem Werbeslogan „Salzburg. Unsere Stadt“ meinte Bürgermeister Harald Preuner ganz klar sich und seine ÖVP-Elite, nicht die Bürger:innen der Mozartstadt.
Ähnlich prekär ist die Situation im Hinblick auf die Kultur. Salzburg, das heißt Mozart und Festspiele. Operngesang und Klaviersonaten. Aber sicher nicht Techno und Hiphop.
Kein Platz für Studierende
Dass Salzburg die Festspiel-Tourist:innen hoch und heilig sind, ist kein Geheimnis. Die Altstadt ist gefüllt mit überteuerten Bonzen-Geschäften oder touristischen Ramschläden. Als Einheimische:r kann man von dem breiten Angebot nur kosten, wenn man wohlhabend und Ü50 ist – dann geht man zu den Oster-, Sommer-, Winterfestspielen und wenn man Lust auf ein bisschen Nervenkitzel hat, besucht man mal das Marionettentheater. Mit dem Umbau des von Harald Preuner als „schmuddelig“ bezeichneten Rudolfskais, welcher 2023 angeblich in die Wege geleitet wird, bekommt man eine größere Auswahl an Cocktailbars, Vinotheken und Cafés. Davon gibt es in Salzburg nämlich wenige.
Die Angebote für junge Leute sind hingegen spärlich – das MARK Salzburg, das Kunst und Kultur fernab der Festspiele vermittelt, befindet sich abgelegen am Stadtrand. Es ist schwer zu finden und schlecht erreichbar. Das Jugendzentrum Yoco ist zwar in der Altstadt, aber in der Hand der katholischen Kirche. Wie das hier mit dem religiösen Brainwashing ist und ob man als queere Person akzeptiert wird, ist fraglich. Wenn man also in eine säkulare Einrichtung im Stadtzentrum möchte, hat man in Salzburg Pech gehabt.
DJs machen keine Musik
Dazu kommt, dass Veranstaltungen für junge Personen mehr Steuern zahlen müssen als die, die an älteres Publikum gerichtet ist. Kein Witz.
§10 (3) 6b des österreichischen Umsatzsteuergesetzes sieht einen reduzierten Umsatzsteuersatz von 13 Prozent (bzw. 5 Prozent während Corona) für „die Musik- und Gesangsaufführungen, insbesondere durch Orchester, Musikensembles und Chöre“ vor. Nicht inkludiert ist die DJ-Kultur. Wenn man eine Hiphop- oder Techno-Veranstaltung organisieren möchte, muss man einen Umsatzsteuersatz von 20 Prozent zahlen. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof argumentiert dies damit, dass es sich bei Musik von DJs um das „bloße Abspielen von Musik“ handle und damit nicht begünstigt sei. Mit einer stereotypischen Boomer-Aussage wird so eine wichtige Sache also einfach weggewischt. Dass die DJ-Kultur in wissenschaftlichen Diskursen schon seit Jahrzehnten als Kunstform klassifiziert wird, wird nicht beachtet.
Besserung in Sicht?
Das Kulturangebot in der Mozartstadt soll aber verbessert werden. Mit einem 86-seitigen Fahrplan begründete die Stadt Salzburg vor einem Jahr die „Kulturstrategie 2024“. Der Plan war, Salzburg zu einer Kulturstadt zu verwandeln, die Personen unabhängig von Alter, Herkunft und sozioökonomischem Status ansprechen soll. Teil dieses Projekts war das Jugendfestival 5020, welches im vergangenen Sommer mit kostengünstigen Veranstaltungen für Jugendliche abgehalten wurde. Retrospektiv war das Festival ein großer Erfolg, denn die Jugendszene in Salzburg bekam endlich die Anerkennung, die sie verdient hatte. Was die „Kulturstrategie 2024“ noch in petto hat und ob wir Studierende davon (auch während des Semesters) profitieren können, wird die Zukunft zeigen.
Infobox
5020 Festival im Sommer 2022
https://salzburg.orf.at/stories/3160538/
DJ-Veranstaltungen sind kulturelle Veranstaltungen:
https://www.viennaclubcommission.at/alles/umsatzsteuer-reduziert-dj-veranstaltungen-sind-kulturelle-veranstaltungen
Österreichisches Umsatzsteuergesetz
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10004873
MARK Salzburg, Kulturalternative jenseits der Festspiele
https://www.marksalzburg.at/