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Im Oktober 2023 endet die erste (und vielleicht auch letzte?) Amtsperiode von Hendrik Lehnert als Rektor der Universität Salzburg. Nun wurde das Rennen um die Nachfolge eröffnet und die Bewerber*innen hatten im Rahmen eines öffentlichen Hearings die Möglichkeit, ihre Visionen und Ideen für die Zukunft der PLUS der universitären Öffentlichkeit zu präsentieren. Die uni:press war beim Input des Lokalmatadors Hendrik Lehnert live vor Ort.

Von David Mehlhart

Die Spannung steigt 

Die große Aula der PLUS war am Vormittag des 15.11 Schauplatz des Ritterns um den Rektoratsposten, der ab Oktober 2023 neu zu vergeben ist. Drei Kandidat*innen und der amtierende Rektor Hendrik Lehnert schickten sich bei diesem – zumindest für Studierende und Mitarbeiter*innen – öffentlichen Hearing, um ihre Ideen und Visionen für die Zukunft der Salzburger Universität vorzustellen. Für die Bewerber*innen ging es an diesem Tag vor allem darum, die erste Wegmarke auf dem langen Marsch in die Kapitelgasse zu nehmen und die entscheidenden Gremien – den Senat bzw. den Universitätsrat – von sich zu überzeugen.

Mehr oder weniger launig eröffnet wurde das Hearing vom Senatsvorsitzenden Wolfgang Faber und von Georg Lienbacher, seines Zeichens Vorsitzender des Universitätsrates. Besonders betont wurde, dass ein öffentliches Hearing formal nicht vorgesehen ist, aber der Transparenz halber dennoch eines ausrichtet wird. Ein Applaus ob des demokratischen goodwills der beiden Gremien blieb aber aus. An die Möglichkeit, das Hearing etwa über Webex zu streamen, schien keiner der Verantwortlichen auch nur eine Sekunde zu verschwenden. Nicht nur aus Gründen der Transparenz skurril, sondern auch weil die Vokabel „Digitalisierung“ an diesem Vormittag so richtig schön überstrapaziert wurde.

Erinnert sei an dieser Stelle an die Posse rund um das Hearing 2018, als man Studierende grundsätzlich ausschloss mit dem Hinweis, dass die ÖH eh vor Ort wäre. Dem damaligen ÖH-Vorsitzenden, der einen Aufruf startete, dennoch das Hearing zu besuchen, wurde gedroht, er sei im Falle von etwaigen Unannehmlichkeiten und Zwischenfällen derjenige, den man zur Verantwortung ziehen werde. Demokratisches Denken und Handeln kommt eben nicht von heute auf morgen.

Der Ansturm auf den Chefsessel der PLUS war – nun ja – überschaubar. Zum einen war da natürlich der Titelverteidiger Hendrik Lehnert. Dieser amtiert seit Februar 2019 in der Kapitelgasse, von wo aus er eine ambitionierte, aber nicht unumstrittene Strukturreform der PLUS vorantreibt. Die erste Herausforderin war Gisela Löhlein. Ein Blick auf den Lebenslauf der studierten Architektin dürfte so einige mit #travel in der Instagrambio erblassen lassen: Löhlein kann auf eine internationale Karriere blicken, die sie von Neuseeland über Dubai nach San Diego führte – und nun vielleicht nach Salzburg. Die Rechtswissenschaftlerin Viola Heutger, selbst Alumni der PLUS, schloss die Riege der Bewerberinnen ab. Diese war bis jetzt Rektorin der Universität auf Aruba, einem kolonialen Überrest der ehemaligen Seemacht Niederlande. An der PLUS weiß man aber, dass Konkurrenz das Geschäft belebt und setzte daher eine Findungskommission ein, die in sprichwörtlich letzter Sekunde Martin Hitz aus dem Hut zauberte. Der Informatiker hat eine wahre Ochsentour (neutral gemeint!) hinter sich, was Universitätsmanagement betrifft und bekleidete an der Uni Klagenfurt bereits den Posten eines Vizerektors und eines Dekans und war in diesen Positionen knapp 20 Jahre tätig.

Da der Autor nur bei dem Hearing von Lehnert anwesend sein konnte, sei auf die ausgezeichnete schriftliche Zusammenfassung des Hearings durch den ÖH-Vorsitz verwiesen, die HIER nachgelesen werden kann. Aus diesen logistischen Gründen beschränkt sich der Text notwendigerweise auf die Kommentierung der Performance des amtierenden Rektors.

Power-Point-Leistungsschau

Hendrik Lehnert, krawattenlos im Stile eines Managers, der sich nicht davor scheut, sich die Hände schmutzig zu machen, begann seine Ausführungen damit, darzulegen, was überhaupt seine Motivation für eine erneute Kandidatur ist. Und diese waren dann doch recht erwartbar: Man habe einen Weg beschritten und will diesen auch weitergehen. Um diesen Anspruch zu untermauern, wurden nach und nach Power-Point-Folien projiziert, deren Inhalt zwischen Verkaufsgespräch und Leistungsschau changierte. Was darauf stand, war an manchen Stellen gar nicht so leicht nachzuvollziehen, da man ob des schräg einfallenden Morgenlichtes teilweise gar nichts lesen konnte oder die Folien so heillos überfüllt waren, dass jede*r Arbeitstechniken-Dozent*in die Hände über dem Kopf zusammenschlägt.

Herzstück der Ausführungen war natürlich die Strukturreform der PLUS und der sachte Modernisierungsschub, den die Uni parallel erfuhr. Für Studierende und Lehrende macht sich das vor allem in einer verbesserten digitalen Infrastruktur bemerkbar; für Außenstehende durch eine professionalisierte Öffentlichkeitsarbeit, die am Puls der Zeit ist. Sinnbildlich dafür sind die vier Leitmotive der Uni, deren Inhalt und Umsetzung reziprok proportional zum englischen Wortsalat steht, mit dem sie übertitelt werden. 

Das zweite gewichtige Argument, das Lehnert ins Treffen führte, warum er der richtige Mann für den Chefsessel ist, waren die akademischen Leistungen bzw. der Output. So wurde anhand einiger Graphen und Diagrammen nachgewiesen, dass die PLUS in Lehnerts erster Amtszeit ein paar Schritte nach vorne machen konnte. Wie groß die Schritte aber tatsächlich waren, ist eine Frage des Ermessens. Zwar konnte man sich im „Shanghai Ranking“ in den Top 701 bis 800 platzieren (901 bis 1000 im Vorjahr), in Österreich dümpelt man aber im Mittelfeld herum – oder auf dem vierten Platz, wie Hendrik Lehnert es zu sehen pflegt.

Hinsichtlich der Studierenden will Lehnert weiterhin gemeinsame Sache mit den Skinner-Jüngern von OnTrack machen. Sind diese schließlich die Hüter*innen jenes begehrten Wissens, wie man Studierende zu einem zügigen Studium motiviert und angeleitet. Darüber hinaus wird 2023 generell als das Jahr der Studierenden ausgerufen. Mehr Willkommenheit ist hier das Sichtwort, die in Form von Festen zelebriert werden soll. Auch die Top-Down-Gentrifizierung des Rudolfskais wurde in diesem Zusammenhang als unterstützender Faktor ins Treffen geführt.

Zum Schluss betone Lehnert ausdrücklich, dass sich „PLUS 2030“ nur umsetzen ließe, wenn man möglichst viele Mitarbeiter*innen der PLUS mit ins Boot holt. Angesichts des Abwahlantrages, der gegen Lehnert eingebracht wurde, dürfte es sich dabei wohl um eine der dringlichsten Fragen handeln. Generell war es während des Vortrages so, dass immer, wenn Lehnert davon sprach, die zukünftige Gestaltung der PLUS „gemeinsam“ oder „partizipativ“ gestalten zu wollen, ein leises Kichern und Schnauben durch die Reihen ging und sich die Blicke von manchen Zuschauer*innen vielsagend suchten und auch trafen.

Fulminante Diskussion

Im Anschluss an das Referat gab es für die Zuhörer*innen die Möglichkeit, den Rektor 30 Minuten mit mehr oder weniger kritischen Fragen zu martern. Die Diskussion verlief im Grund erwartbar und die Fragesteller*innen erkundigten sich in erster Linie, wie es mit den von ihnen zu verwaltenden Pfründen in Zukunft aussieht. Zu kurz kommen will schließlich keine*r. In der Diskussion konnte Lehnert durchaus punkten, wenn er etwa sein Wort darauf gab, dass man eine Volluniversität bleiben wolle, die auch in der Salzburger Altstadt weiterhin präsent bleibt, auch wenn man dran ist, dringend erforderliche Infrastrukturprojekte, Stichwort Verwaltungsbau im Nonntal, in Angriff zu nehmen. 

Die Diskussion kann auch als ein Musterbeispiel für die urösterreichische Buckelei nach oben und nahezu aggressiv praktizierte Konfliktscheue verstanden werden. Während es Lehnert im Verlauf der Diskussion dann doch ins Bewusstsein drang, dass es bei knapp 3000 Angestellten immer Interessenskonflikte geben wird und man nie alle zu 100 % von sich überzeugen kann, wollte das der eine oder die andere österreichische Kollege partout nicht wahrhaben. Diese fragten dann trotzig, wie es gelingen könne, „alle mitzunehmen“. Immerhin hat man auch in der Riege der Professor*innen den Managementsprech stets parat, um damit treffsicher aus der Hüfte zu schießen. Nachgerade peinlich wurde es aber dann, als eine Dekanin und ein Dekan den Vortrag von Lehnert als – Achtung, kein Scherz – „fulminant“ bezeichneten. Wenn man als Studierende*r 30 relativ uninspirierte Folien an die Wand wirft, wird einem*r wohl ein wenig ein anderes Feedback zuteil.

Daran sieht man: So sehr Lehnert und seine Mitbewerber*innen die PLUS internationalisieren wollen und auch schon haben, so sehr bleibt die Salzburger Uni am Ende des Tages doch eine Provinzuni, an der ich das Qualtinger-Zitat vom Labyrinth, in dem sich jede*r auskennt, bewahrheitet, insofern es gestandenen Professor*innen nicht gelingt, mit ihrer überbordenden Affiliation hinter dem Berg zu halten.

Die Zusammenfassung des gesamten Vormittags findet Ihr HIER

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